Wenn nicht jetzt, wann soll endlich Zeit sein für ein offenes Regierungs- und Verwaltungshandeln? Die Menschen interessieren sich verstärkt für Möglichkeiten der echten Einmischung. Sie wollen mit-machen.
Die Chancen auf ein lebendiges offenes Regierungs- und Verwaltungshandeln stehen gut. Nie war die Erwartung an die Gestaltung der Zukunft nach der Pandemie so groß. Man mag den verantwortllichen Entscheidern in den Kommunen zurufen: Versemmelt diese Chance jetzt nicht!
Versemmeln im Sinne von: Wir müssen weg vom analogen Kärtchen-kleben-auf-Pinnwände in geschlossenen Räumen mit einer überschaubaren Anzahl von Interessierten. Jetzt ist die Zeit, digitale Paritzipationsformen einzusetzen, die die Chancen der neuen Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten auch zur Entfaltung bringen können: Information, Dialog, Kommentierungen, Vorschläge einreichen, Selbstwirksamkeit, Archivierung von Vorgängen und Nachverfolgen, Bereitstellung von Offenen Daten, Open Source, alles netzbasiert und bereit für den echten Austausch, mit Kooperation und Kollaboration als Grundgedanken von Beginn an. Wir brauchen eine tragfähige digitale Infrastruktur und den viel beschworenen Kulturwandel hin zur Offenheit.
Plattformen dazu gibt es bereits viele. Sie warten auf ihren Einsatz.
Zum Beispiel Consul.
Zum Beispiel die Zukunftsstadt.
Um nur zwei von vielen zu nennen.
Realität vor Ort ist leider eher so….
Dagegen erleben wir gerade in meiner Heimatstadt das übliche Geschachere von Politik und Verwaltung in Verfahrensfragen.
Es geht hier um die Bürgerinitiative nachhaltiger Quartierserhalt Mohns Park. Verhindert werden soll eine überdimensionierte Bebauung mit teuren Luxusappartements in einem bestehenden Wohnquartier mit viel Grün. Es geht auch um die einmalige Chance auf Erweiterung eines Parks als Erholgungsfläche für eine wachsende Stadtbevölkerung und um eine Klimafrischluftschneise für eine stark schwitzende Stadt, die mehr und mehr zugebaut wird. Die alternative Idee für die vorhandene Fläche wäre: zubauen. Gewinnbringend.
Dazu lag der Stadtverwaltung ein Bürgerantrag nach § 24 GO NRW vor. Eingereicht am 3.4.2021. Er sollte seinen formellen Gang gehen: Hauptausschuss, dann Planungsausschuss. Die Gemeindeordnung NRW und die Satzung der Stadt geben den Weg vor. Aus dem Hauptausschuss wurde der Antrag auch verwiesen, in den Planungsausschuss im Mai. Doch der Antrag fiel aus der Maisitzung heraus. Fehlende Fristen hieß es, die jedoch nirgends verschriftlicht sind? Gleichzeitig hatte sich eine Fraktion des Inhaltes des Bürgerantrages angenommen und einen fast 85-%-ig deckungsgleichen Antrag gestellt, der dann anstelle unseres Antrages beraten wurde – aber auch nicht mal zur Abstimmung kam. Der Antrag der BürgerIni wurde dahingegen verschoben auf den Juni….dies ohne Ansage. Darauf musste die Initiative erstmal selbst kommen – und nachfragen!
Ein gängiges Verfahren in der Gremienarbeit: Verschieben und eigene Anträge draufsetzen. Das Umarmen und Erdrücken durch auf Bürgeranträge aufgesetzte politische Anträge schleift, entwertet und entmündigt Bürgeranträge und lässt sie in den Untiefen des Ratsinformationssystems verschwinden.
Viel transparenter wäre es, man listete die Anträge aus der Bürgerschaft sowie deren Fragen an die Ausschüsse in einer eigenen Kategorie im Ratsinfo-System – und macht sie in der Suchfunktion damit simpel weiter auffindbar. So könnten diese Anträge (auch die der Politik sortiert nach Fraktionen) in einer jährlichen digital abrufbaren Demokratiebilanz münden: Wer hat wie viele Anträge und Ideen in den politischen Raum der Stadt eingebracht? Im Vergleich kann sich jeder selbst ein Bild machen über die politische Fleißigkeit und Kompetenzverteilung.
Und dann sollten sowieso nur noch digitale Handwerkszeuge greifen, die Beteiligung auf ein nächstes Niveau heben, weg vom Kärtchenkleben – hin zum modernen offenen Austausch im 21. Jahrhundert.