Daten, Digitales und offene Städte

Das Forum OffeneStadt  der Körber Stiftung bietet eine Bühne für digitale Mündigkeit im kommunalen Umfeld. Gemeinsam mit der Open Knowledge Foundation Deutschland und dem Code for Hamburg ist eine wunderbare Vernetzung gelungen, offen für Interessierte, Neugierige, Digitalbewegte und Brückenbauer aus der analogen in die digitale Welt. Ich selbst habe das Netzwerk #OffeneKommunen.NRW Institut e.V. vorgestellt.

 

Gebraucht werden mehr solcher Formate des Austausches wie das Forum OffeneStadt und auch unser jährliches Barcamp von #OKNRW. Es geistern zu viele digitale BuzzWords über den Städten und Rathäusern – die leichtfüßig dahingeredet werden, denen aber keine digitale Erdung folgt. Die ratlosen Suchbewegungen auf dem Weg in die digitale Welt führen so direkt in die Zeitverschwendung, in die Hände von Techfirmen und weg von der aktiven Zivilgesellschaft. Dabei liegen gerade hier viele ungehobene Schätze, die jetzt an dem Punkt stehen, institutionalisiert zu werden, um Wirkung im Sinne des Gemeinwohls und auf dem Weg in eine offene und smarte Stadt entfalten zu können. Gleich mehr dazu mit drei kurzen Beispielen.

Zunächst ordnete jemand den Prozess ein, dem man gerne zugehört hat:

Leonhard Dobusch, Professor für Organisation und Lernen an der Uni Innsbruck und Fernsehrat des ZDF warf einen Blick auf „SmartCity“ als Wandel im Dauerzustand. Gemeinsame Klammer allen Schaffens ist der Wille zu „Openness“ – und gleichzeitig variiert das Thema damit zwischen Service und Überwachung. Spannend war der Griff in die Wissensstände, die schon seit langem zu Offenen Städten vorhanden sind, etwa bei Richard Sennett, den er mit zwei besonderen Kategorien zitiert, die auch heute noch wirksam sind. 1. Offene Städte sind stetig im Fluss, ein Prozess ist niemals wirklich abgeschlossen. Der Fokus liegt also auf Prozessen – und einer Begegnung mit dem Unerwarteten. Für jede Art von Steuerungshoheit sind diese Eckpfeiler aber selbstverständlich ein Graus. Für meine Begriffe aber gehört es zum digialen Lernprozess dazu, zu erkennen, dass wir stets nur noch Beta-Versionen von Politik gestalten können, die morgen gleichermaßen flexibel verändert werden müssen wie heute. Es gibt nicht mehr ein „fertiges politisches Produkt“. 2. Der zweite Punkt nach Sennett sind die überlagernden und sich verschiebenden und vor allem durchlässigen Grenzen, die in Stadtvierteln ebenso Wirkung zeigen wie bei Ethnien oder Klassen. Mit einem kurzen Schlenker auf „SchauaufLinz“ erklärte Dobusch die Ambivalenz von digitalen Tools: einerseits helfen sie, Probleme zu bezeichnen und deren Behebung durch Bürgermithilfe zu organisieren – für alle sichtbar. Ein Tool, welches auch sehr häufig von Menschen mit einer geringen Bildung genutzt wird – ein Pluspunkt für die integrative Leistung von Digitalisierung. Gleichzeitig wird Exklusion erleichtert, denn mit dem Tool ist es „leichter“ soziale Randgruppen zu denunzieren, welches häufig von rechten Gruppierungen genutzt wird.

Erschreckend und erheiternd zugleich fiel Dobuschs Finale aus, als er Forderungen erhob – die die digitale Community gerne inhaltlich teilt wie „keine Privatisierung öffentlicher Güter im virtuellen Raum“ oder auch „eGovernment mit offenen Standards“ – um dann festzustellen, dass diese bereits aus dem Jahr 2008 stammten – aus dem Berliner Manifest – Öffentliche Verwaltung 2.0! Max Weber fällt da ein, dicke Bretter und so.

 

Selbstverständlich war auch die OKF mit den zahlreichen Projekten vertreten. Im Ergebnis darf man das wohl so ausdrücken:

 

 

Drei Beispiele, die zeigen, an welchem Punkt viele Prozesse stehen, die wirklich einen Mehrwert bringen und jenseits von Buzz-Words funktionieren:

Luftdateninfo.Stuttgart mit dem Bau von Sensoren zur Feinstaubmessung. Dass dieses Projekt mittlerweile DAS Exportprodukt geworden ist, liegt daran, dass die selbstgebauten Sensoren zur Messung von Feinstaub in Bürgerhand dazu geeignet sind, den Mehrwert von Offenen Daten für jeden Einzelnen zu belegen. Darauf will  ich aber hier nicht mehr hinaus – die Erfolgsgeschichte von diesem Citizen Science-Projekt spricht für sich. Jan Lutz steht hier auf der Bühne und wir diskutieren. Es geht nun um den nächsten Schritt, der folgen müsste: Wie lässt sich ein solches Projekt so institutionalisieren, dass es weiterhin trägt? Gefragt ist an der Stelle sowohl ein Rahmen als auch eine feststehende Finanzierung. CivicTech gelingt bis zu einem Punkt, an dem das Ehrenamt überschritten wird, denn die Leistbarkeit ist dann beendet, wenn ein Projekt einen derartigen nationalen Aufschwung nimmt. Diese Frage ist noch nicht geklärt – muss aber, wenn diese Evidenz und das Empowerment der Menschen nachhaltig bleiben wollen. Ideen sind gefragt.

Gelungen ist das Projekt übrigens auch, weil es so kommunikativ smart daher kommt. Wie etwa durch den Aufruf, die Luftdaten-Sensoren möglichst kreativ auszugestalten und die Bilder dazu ins Netz zu stellen:

 

Wer hat den Schönsten? FOTO: Luftdateninfo/Website

 

Projekt zwei „Wege aus der Einsamkeit“ zeigt, wie es gelingt, die SilverSurfer ins Netz zu holen – nicht ohne dabei daran zu denken, wie stark die Alterskohorte der 65plus in unserer Gesellschaft ist. Mit „Wir versilbern das Netz“ zeigt Dagmar Hirche, was alles auf dem Plan steht, wenn die ältere Generation digital wird. Es geht nicht nur um das viel zitierte Verstehen von Smartphone und Tablett, was gerne von den „Kindern“ geschenkt wird, um im Kontakt zu bleiben. Es geht längt auch um die Frage an Start-ups, was denen einfällt, um älteren Menschen den Verbleib in den eigenen vier Wänden auch im hohen oder hochbetagten Alter zu ermöglichen. Auch hier stand am Ende die Frage: „Senat, wann hörst Du uns zu?“ Es geht um die Übersetzung von CivicTech&Ehrenamt in konkrete Politik. Wer also jemanden kennt, der das in sein kommunales Programm mit aufnimmt…

 

 

Ein drittes Projekt steht ebenso vor diesem Sprung, im korporatistisch tickenden Deutschland eine größere Wirkung zu entfalten und die guten Ideen noch mehr in die Breite zu bringen. Das ist die Transformation unseres Netzwerkes von #OffeneKommunen.NRW in einen eingetragenen Verein. Dazu habe ich unser Netzwerk gestern im Forum Offene Stadt vorgestellt.

 

#OKONRW – CivicTech                                                                                                       Foto: Florian Apel-Soetebeer

 

Wir von #OKNRW arbeiten daher an folgenden Baustellen:

  • Wissenschaftliche Arbeit und Forschung: theoretisch, aber auch verzahnt mit der Praxis (z.B. in Zusammenarbeit mit konkreten Open Government-Projekten).
  • Bildung: Ermächtigung und Ermutigung von Menschen zur Gründung und Partizipation in Open Government Projekten, Kompetenzaufbau im Umgang mit Open Government, Erstellen bzw. Bereitstellen von Materialien, Organisation von Workshops, Vorträgen, Kongressen, Tagungen, Barcamps, Seminaren, Sommerschulen u.a.
  • Publikationen: Forschungsergebnisse, Presseerklärungen, Bildungsmaterialien, etc.
  • Kooperationen: national wie international, zu Interessierten, sozialen Bewegungen,
  • Forschungseinrichtungen, Universitäten, Nichtregierungsorganisationen, Parteien, öffentlichen Verwaltungen u.a.
  • Gremienarbeit: Mitarbeit in Gremien zur Entwicklung und Förderung von Open Government.
  • Schaffung eines Wissensarchivs: Projektwissen und Projektideen sammeln und teilen.
  • Beratung und Förderung: Hilfe bei der Initiierung und Umsetzung von Open Government-Projekten

Ein wichtige Säule unseres Handelns ist das Barcamp Offene Kommunen.NRW (OKNRW) das seit 2011 in Wuppertal jährlich stattfindet.

 

Offene Stadt 

Das Forum Offene Stadt zeigt, wie man die vielen Packenden verbinden kann. Der Weg hin zu smarten Städten geht eindeutig an der Zivilgesellschaft nicht mehr vorbei. Es werden mehr. Es wird noch mehr Idee und Energie darauf verwendet, Smartness und Openness in Bestehendes zu integrieren, um damit Veränderung voranzutreiben. Ein Motto der Körber Stiftung hing in der Ecke des Kubus „Für Menschen, die nicht alles so lassen wollen, wie es ist!“ – war den ganzen Tag über zu lesen. An diesem Freitag war viel Bewegung im Raum. Ein gutes Ergebnis für einen Freitag, den 13. und dann noch vor der Hafenkulisse an der Kehrwieder 12 mit Blick auf das Kommen und Gehen von Wasser, Menschen und Schiffen. Bewegung auch hier.

 

 

 

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