Zu jedem Wohnquartier gibt es Daten. Und zwar jede Menge: Alter der Häuser, Baujahr, Eigentümer, Anzahl der Häuser, Anzahl der Bewohner, Altersstruktur der Einwohner und sogar auch noch Daten über den Bildungsstand und damit eine mögliche Einordnung in Einkommensklassen. Daten, die in ihrer Gesamtheit ein komplettes Bild von einem Wohnquartier und der darin lebenden Bürger abgeben. Damit liegen wichtige und aussagefähige Informationen zur Steuerung dieser Wohnquartiere vor, die auch Rückschlüsse zulassen auf bevorstehende Veränderungen. Veränderungen können so langfristig geplant werden. Veränderungen wirken sich sowohl auf die Häuser als auch auf die Menschen aus. Andere Begehrlichkeiten und Bedarfe entstehen bei einem Generationenwechsel.
Politik und Verwaltungen müssen diese Daten nur abrufen und lesen. Etwa im Planungsausschuss der Kommunen.
Spätestens, wenn die Menschen in einem Quartier in die Jahre gekommen sind, wird sich dieser Generationenwechsel und damit auch ein sozialer Wandel in den Quartieren einstellen: Häuser werden vererbt, verlassen, verkauft.
Angesichts der derzeitigen Bauwelle entstehen Begehrlichkeiten, neue Häuser zu bauen, die die alten Immobilien möglichst gewinnbringend ersetzen. Einfamilienhäusern weichern großen Mehrfamilienhäusern. Gärten verschwinden, Parkplätze entstehen, Fläche wird versiegelt, die Grüne Lunge versiegt, Freiflächen für Menschen schwinden. Die Mieten explodieren nach oben. Ein Umstand, den man Gentrifizierung nennt und der sich in nahezu jeder Kommune beobachten lässt. Nur die wenigsten Entscheider sind darauf aktiv vorbereitet.
So passiert es, dass bestehende Quartiere faktisch in ihrem Bestand verändert werden – Bauklötze entstehen und schaffen es im Handumdrehen, dass eine gewachsene Siedlungsstruktur veraltet und „oll“ aussieht, wenn auch nur ein oder zwei dieser neuen Häuser gebaut sind. Das Gesamtbild und die Tradition und damit die Identität verschwinden. Auch das soziale Umfeld des Quartiers kann damit erlöschen. Aus Einfamilienhäusern werden plötzlich Eigentumswohnungen mit bis zu acht Mietparteien. Diese Bewohner brauchen plötzlich ganz andere Infrastrukturen als die bisherige Bebauung. Identität wird verdrängt. Nicht in allen Quartieren liegen Bebauungspläne vor, nicht überall ist die Nachfolgebebauung geregelt. Schlupflöcher werden ausgenutzt, bis Fakten geschaffen sind und die Quartiere sich so entwickeln, dass die hochpreisige Baupolitik gewinnt.
Das ruft in der Regel heftige Bürgerprosteste hervor.
Das müsste nicht sein. Vorhandene Daten können eine gute Grundlage sein, sich auf diese Entwicklungen gründlich, frühzeitig und für alle Beteiligten transparent vorzubereiten. Die Bürger zu informieren, in diese Prozesse frühzeitig und offen mit einzubinden. Und dann gemeinsam zu entscheiden, wie sich ein Quartier entwickeln kann.
Das berührt übrigens auch insbesondere die Versorgung mit Breitband. Lässt eine Stadt ein Quartier mit hochpreisigen Mehrstockhäusern bebauen, wird die Frage nach der Versorgung mit schnellem Internet (Glasfaser nicht Kupferkabel!) nicht lange auf sich warten lassen. Dann muss man Farbe bekennen, ob eine solche Versorgung denn auch wirklich machbar ist. Meistens eher nicht. Man ist auch hierauf nicht vorbereitet.
Daten können solche Missstände und Fehlplanungen abfedern. Sie liegen vor. Man muss sie nur zusammenführen und interpretieren. Eine Kernaufgabe der Kommune mit seiner Verwaltung und den politischen Entscheidern.