Wie können digitale Strategien helfen, Menschen zu vernetzen, die aufgrund von räumlicher Distanz, Alterung und Zerfall der Sozialstrukturen, Schrumpfung von Wohnumfeldinfrastruktur ihren Alltag wie Einkaufen und Mobil-sein nicht mehr bewältigen können? Ideen gibt es. Projekte auch: Eins davon ist „digitale Dörfer“. Gleich mehr dazu mit Videointerview.
Es gibt zwei Entwicklungen: Ortsteile verlieren ihre Vitalität und/oder ganze Dörfer sterben aus. Im Rahmen meines Bürgermeisterwahlkampfes wurde ich im letzten Jahr oft gefragt, welche Zukunftsentwicklung ich etwa für die Ortsteile meiner Stadt sehe, die sehr dezentral gelegen sind und eben spürbar den Folgen des demographischen und digitalen Wandels unterliegen. Meine Antwort: Digitales. Nichts überbrückt diese Lücken besser. Passgenaue Ortsteil-Apps etwa können helfen.
// Wenn Dörfer (aus)sterben
Noch größere Herausforderungen bestehen, wenn es um ganze Dörfer geht. Es gibt sie (fast) überall und jeder kennt eins: Dörfer, die so langsam aussterben. Die jüngeren Einwohner ziehen weg, die Älteren bleiben. Die Möglichkeiten zur Arbeit sind sehr mäßig, die Chancen, sich mit Lebensmitteln zu versorgen oder auch mobil ohne Auto etwa im Alter zu bleiben schwinden. Und trotzdem möchten die Menschen hier in der „Fläche“ und in ihren Dörfern leben bleiben. Wie das gelingen kann, zeigt das Projekt „digitale Dörfer“. Drei Dörfer testen digitale Strategien als Möglichkeiten, vital zu bleiben.
// Testregionen Rheinland-Pfalz
Zwei Testregion in Rheinland-Pfalz und damit drei digitale Dörfer sind beteiligt: die Verbandsgemeinde Betzdorf im Landkreis Altenkirchen sowie die Verbandsgemeinden Eisenberg und Göllheim im Donnersbergkreis. Das Fraunhofer IESE erforscht und erarbeitet mit ihnen in den nächsten zwei Jahren, wie das Potenzial vor allem im Bereich Mobilität und Logistik gewinnbringend mit smarter Technologie zusammengebracht werden kann.
// Innovative Ansätze
Auf der Website wird der Ansatz so beschrieben: Bestehende Systeme müssen dabei ineinandergreifen und aufeinander abgestimmt funktionieren. 1. Der regionale Einzelhandel schließt sich zusammen, mit Hilfe mobiler Bürger werden Lebensmittel und Waren noch am gleichen Tag der Bestellung ausgeliefert; 2. ältere Menschen und Menschen mit Behinderung erhalten Unterstützung bei ihren Wegen zum Einkaufen, zum Arzt oder bei anfallenden Arbeiten durch ihre Mitmenschen; 3. Pendler stellen auf ihren täglichen Routen zur Arbeit oder nach Hause Pakete ohne besonderen Mehraufwand zu und befördern sie gleich mit.
„Durch Software vernetzen sich Mobilitäts- und Logistiksysteme, kombinieren sich Dienste aus unterschiedlichen Bereichen und schaffen für alle einen großen Mehrwert. Die komplexe Zusammenführung und Integration unterschiedlichster Systeme wird beim Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering unter dem Begriff „Smart Ecosystems“ erforscht. In den Testregionen finden sich nun die realen Grundlagen, um Visionen und Ideen zu evaluieren und zu erproben.“
// Das Dorf im Smartphone hilft
Die Verbandsgemeinde Betzdorf macht hier mit: Sie zählt ca. 15.000 Bewohner auf einer Fläche von 24,53 Quadratkilometer, das entspricht einer Bevölkerungsdichte von 619 Einwohnern je Quadratkilometern. Eine eigene App für den Alltagsgebrauch wurde entwickelt, um:
- digitales Einkaufen zu ermöglichen,
- Paketsysteme per Crowd zu organisieren,
- mit der Möglichkeit zur individuellen Zustellung,
- sowie Verkaufskonzepte innovativ zu gestalten.
Die kleine Dorfwelt mit ihren Bedürfnissen findet sich demnach passgenau auf die Größe eines Smartphones gebracht. Die Menschen können mittels digitaler Strategien ihre vermeintlichen Defizite überbrücken. Mobile Ideen helfen.
// Steffen Hess im Interview
Zum Projekt habe ich den Teamleiter von Fraunhofer IESE, Steffen Hess, auf der CeBIT in Hannover um ein kurzes Interview gebeten: