DigitalLab NRW – wie sieht ein digitales NRW aus?

Über den Dächern der Landeshauptstadt dachten wir nach über „Digitales“ – wie muss sich das Land NRW künftig aufstellen, wie kann die „Digitalstrategie NRW“ aussehen? Hier nur ein paar ganz grobe Streiflichter aus einem digital überquellenden Gedankenaustausch am Rhein.

Einen ganzen Tag hatten wir Zeit, auf Einladung des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie sowie des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes NRW zu diskutieren. Der gesamte Prozess ist partizipativ angelegt: Mit einer online Beteiligungsplattform zur Digital-Strategie des Landes NRW erhält Jedermann die Möglichkeit zur Beteiligung. Jedermann kann sich hier einbringen, kommentieren und vorschlagen. Im Juli 2018 hatte die Landesregierung NRW einen Strategieentwurf für das digitale Nordrhein-Westfalen vorgelegt. Den Entwurf gilt es jetzt gemeinsam weiter zu entwickeln – Zeit dazu  ist noch bis zum 7. Oktober.

Foto MWIDE

Was passiert, wenn 40 Augenpaare auf Digitalisierung und das Land NRW werfen? Bewegung und Ideen entstehen. Immerhin waren altbekannte digitale Teilchenbeschleuniger im Raum versammelt.  So starteten wir ziemlich zielstrebig mit der Identifizierung von Megatrends und vor allem mit NRW-Besonderheiten. Was ist dran an diesem Bundesland? In guter alter Methodenstruktur waren sie gefunden, die Merkmale, an denen wir arbeiten wollten: Forschungsstandort, Strukturwandel, Integration, Ruhrgebiet (ja, OWL bekam keine Mehrheit), Vielfalt, Offenheit. Für uns von #OffeneKommunen.NRW war es besonders erfreulich, dass der Oberbegriff „Coder“ mit auf der Themenlandkarte landete – offenbar bewegt diese Thematik nicht nur uns. Damit war ein erster Claim gesteckt.

 

Fokussiert: Besonderheiten

Inspirierend und erweckend zugleich zeigte sich die Aufgabe, aus der Zukunftssicht von 2028 auf das Jahr 2018 zu schauen: Was wäre in der Rückschau heute schon bekannt als Megatrend, der übersehen wurde? Fatale Ergebnisse fanden sich auf dem Papier, wie etwa „Sammlung von neuronalen Daten war damals schon gefährlich und führte zu Verhaftungen bevor die Tat begangen wurde“ oder auch „2018 wurden Kohorten von digitalen Analphabeten aus der Schule entlassen“. Herauskristallisierten sich drei Themenschwerpunkte etwa „Welche Kompetenzen müssen Menschen künftig haben, um den digitalen Transformationsprozess zu gestalten?“ Wir brauchen „Möglichmacher“ – Menschen, die den Wandel vorantreiben, quer denken können, Changemaker sind. Intermediäre werden gesucht, Menschen, die sich in den verschiedenen Welten auskennen, netzwerken können, Antworten von einer Welt in die andere hieven. Menschen mitnehmen. Bindeglieder sozusagen. Meine stets formulierte Frage bleibt auch hier die gleiche: wie diese Menschen zu finden sind, denn in den Schulen und den beruflichen Instanzen sind es gerade diese Weltenwandler, die gerne als erste vor die Tür gesetzt werden. Zu anstrengend, zu quer. Sie stehen für Veränderung, was bisher nicht wirklich gewollt war bei der hohen Kunst des Zementierens vom ewigen Heute. Hier aber kommt er nun offenbar doch in Mode. Welche Freude! Welche Hoffnung, dass es mehr werden dürfen.

Ein zweiter Aspekt war die Veränderung von Forschung durch zunehmende Automation – meine Arbeitsgruppe. Eine interessante Feststellung war die, dass es politischer Antworten bedarf, wie unsere Gesellschaft künftig leben wird, wovon die Menschen leben wollen – Antworten, die die Bevölkerung einfordert angesichts der These, dass immer mehr Arbeitsplätze durch Automatisierung wegfallen werden.  Antworten, die heute bisher nur bruchstückhaft vorhanden sind. Nicht umsonst werden heute zunehmend Geisteswissenschaftler gesucht, die Zukunftsfragen anders in den Fokus nehmen als Entwickler von technischen Anwendungen. Hier wurde es dann auch demoktratietheoretisch interessant: Bei allem agilen Forschen und Arbeiten, bei einer Politik, die in permanenten Beta-Versionen wird leben müssen, herrschte Einigkeit darüber, dass die liberale Demokratie ein Fixum sein müsse. Unverrückbar. Normativ.

Auch Open Government schwang mit, die Inhalte zielen auf eine Neuausrichtung der Forschung, denn Politik und Verwaltung sind aufgerufen, den Kulturwandel zu meistern, der eine andere Haltung verlangt als dies zur Zeit der Fall ist. Mit seinem Handwerkszeug kann OpenGov beitragen, dass Politik und Verwaltungen verlässliche Partner bleiben, als Staat und Partner mit Steuerungskompetenz und einem unbeirrbaren Vertrauenspluspunkt in der Bevölkerung, die sonst nicht mehr folgt. Die politische Verschiebung hin zu (rechts)populistischen und autokratischen Ideologien zeichnet sich bereits ab. In der aktuellen „Sonntagsfrage“ verlieren die Koalitionsparteien, die rechtspopulistische AfD gewinnt weiter an Boden. Das entspricht nicht meinem Verständnis einer offenen und liberalen Gesellschaft. Und sollte auch in NRW nicht weiter Fuß fassen. Digitalisierung unter dem Segel von Open Government kann eine Möglichkeit sein, die Menschen wieder zu beteiligen, einzubinden in die Entscheidungsfindung. Dazu braucht es noch mehr Forschung und Bildung auch in den Ausbildungen der Verwaltungen.

 


Zahlreiche weitere Aspekt zeigten sich in der Veränderung der Berufswelt, des lebenslangen Lernens und der Veränderung in der Sinnhaftigkeit von Arbeit an sich. Brüche in der Biografie waren Thema, wie etwa auch nach der Ausbildung erstmal ganz andere Erfahrungen zu sammeln als direkt in den Beruf zu gehen, vielleicht sogar zu arbeiten wie ein Startup (sehr modisch, aber der Sinn ist Abstand vom Lernen nach Maßstäben), um breitere Erfahrungen zu sammeln – auch mit den Aspekten der Ungewissheit, des Einpreisens von Fehlern und Scheitern. Merkmale, die so bisher nicht in der Lehre zu finden sind.

 

Viele Buzzwords, die bisher noch keinen Niederschlag im Konkreten gefunden haben – aber durchaus interessant zu durchdenken sind, angesichts von Zeitarbeit, dem Wegfall von Unternehmen, wie wir sie noch kennen… Wie gesagt, hier kann ich nur Streiflichter wiedergeben – die Gesamtschau der sehr viel tiefer greifenden Ergebnisse obliegt nun der Ministerien, die hierzu auch Dokumentationen anlegen und veröffentlichen.

Es war anregend und das Format der Beteiligung zeigt, wie notwendig es ist, verstärkt ins Gespräch zu kommen. Dialog ist nicht zu toppen, ob nun digital oder analog. Jetzt kann man noch bis zum 7.10. online mitmischen: Digitalstrategie NRW.

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