Digitalstrategie – NRW lässt sie „von unten“ schreiben

Am Freitag hatte die Landesregierung NRW zur Digitalkonferenz eingeladen. Die vorgelegte Digitalstrategie 2019 für NRW wird weiter beraten. Viele Beteiligungsformate sind dem heutigen Termin vorausgegangen. Mit einem siegessicheren Lächeln erklärt Wirtschafts- und Digitalminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart, es sei schade für externe Berater, aber für die Digitalstrategie für das Land NRW habe man sich die Mühe gemacht, die BürgerInnen ans Werk zu lassen. Die Strategie sei ein Projekt, welches auf einer breiten Beteiligung beruhe, welches wiederum aus zahlreichen Kanälen zustande kam, analog und digital, Experten, Bürgerschaft, Wissenschaft und Politik befragte.

Hier das Programm im Detail. 

Digitalstrategie NRW 2019 in Düsseldorf

Ministerpräsident Armin Laschet weilte derweil real auf dem Bundesparteitag seiner CDU in Leipzig und suchte mit seinen Parteigenossen das entführte „C“. In seiner Videobotschaft skizzierte er u.a. die drei Schwerpunkte des Landesstrategie: KI und das NRW Institut als Chance für Digitalisierung im Land, die Bildung u.a. mit dem Digitalcheck NRW für Medienkompetenz sowie die Stärkung des ländlichen Raums, mit dem Ziel, gleichwertige Lebensverhältnisse zu gewährleisten. Alle drei Strömungen finden sich in der Strategie in besonderem Maß adressiert.

 

Grußwort via Video

Pinkwart nahm den Faden wieder auf, betonte, Digitalisierung sei kein Trend, der wieder weggehe. (Man kann es kaum glauben, aber solche Sätze fallen 2019 immer noch.) Digitalisierung sei daher zu gestalten und in seiner Geschwindigkeit zu erhöhen. NRW muss aufholen in der Jagd um Anschlussfähigkeit, will es seinen Standard an Lebensqualität für seine Bevölkerung bewahren.

Die Strategie sei daher nicht an Ressorts orientiert, sondern anhand der konkreten Herausforderungen gedacht. Er sprach von einer Vision, ein Ziel, wo die Reise hingehen sollte. Diese finden sich in 44 konkreten Zielen, herunter gebrochen und messbar. Er sprach von einem Umsetzungsmonitoring, er sprach davon, Dialog- und Beteiligungselemente besser zu machen. Dazu gehöre, dass alle Protokolle der Prozesse veröffentlich werden, online zugänglich sind. Gefallen hat mir: er sprach von einer fortwährenden Beta-Version, also, dass in seiner Sprechart, dass der Prozess dynamisch bleiben muss, sich stetig verändern muss, bereits 2021 ist eine Fortsetzung angekündigt, die Weiterentwicklung dessen, was jetzt erarbeitet wurde. Beruhigend, dass das, was jetzt zu lesen ist, nicht als fertiges Politikprodukt verstanden werden soll. Für so viel Dynamik braucht es eine andere Kulturtechnik als derzeit, ob das allen deutlich ist im Raum?

Die Veranstaltung wurde dabei auch von OpenNRW mit angeschoben – was sich jedoch an keiner Stelle sichtbar machte. Wo also war der Link zur Community von Open Data und Open Government? Jedenfalls sprachlich kam davon nichts im Publikum an. Muss man sich das jetzt mitdenken – oder wäre es nicht doch besser, bei jeder Gelegenheit offiziell darauf hinzuweisen, dass das ein stetig sich weiterentwickelnder Grundtenor ist, der sich gleichzeitig zur wirtschaftlichen Dynamik in den Bereichen Politik und Verwaltung vollziehen muss?

Artig lieferte der Digitalminister gleich drei Beispiele für innovatives Wirken in seinen Bereichen Wirtschaft und Energie. Er streifte die Vorgaben für 2020 in Bezug auf e-Health in NRW, bis dahin solle Telemedizin funktionieren – mir hüpfte das Herz vor Freude, doch dann dachte ich „oh je, wir haben schon November 2019 – wie soll das in wenigen Monaten gelingen, wo heute noch nur Ebbe ist und kein Ozean, der ein solches Schiff mit ausreichend Wasser unter dem Kiel fahren ließe“?

Er fuhr fort mit dem Hinweis auf das digitale Handwerk und den innovativen Gründer (stone tech mit Nutzung von VR Brillen), bog ab auf eine App für Mobilität und einheitliche Fahrpreisberechnung im großen Tarifewirrwarr in NRW mit seinen unterschiedlichen Zonen und pries die App „bigBird Westfalen“. Eine Digitalisierungsoffensive für den ÖPNV als ein eTarif-Pilotprojekt vom Kreis Soest im westfälischen Raum. Als erstes Projekt in Deutschland wird hier ein eTarif im Regelbetrieb angeboten. Ziel des Projektes ist die Bereitstellung von digitalen barrierefreien Mobilitätsketten und die Sicherstellung einer landesweiten Kompatibilität.“ (Ich dachte daran, dass eine Digitalkonferenz wie diese eigentlich auch eine Kooperation mit der DB hätte anstreben müssen, damit verbilligte Tickets hätten einladen können, die Bahn zu nutzen, statt das Auto. Gab es aber leider nicht. Vielleicht dann das nächste Mal?)

Weitere kurze Posten in seiner Rede waren der Halt bei der „Medienkompetenz in NRW“ sowie bei Energie und Digitales als Schlüssel für die Energiewende, smarte Energie stehe im Fokus der Forschung. Am Ende bog er ab auf das alles umspannende Thema, der neue Hype, und landete bei KI, künstlicher Intelligenz. Sie verändere unser Leben schon heute. NRW wolle führender Standort werden. Die Stichworte fielen wie KI-NRW Plattform, Schaffung eines Gütesiegels für Zertifizierung, Clusterpartner in GB als Impulsgeber und Sparringspartner, Austausch mit dem BSI und dem TÜV Rheinland, Wuppertal und KI in der Mobilität, Medizin und KI mit den Forschungsschwerpunkten am Klinikum Essen. Gut, dass es immer neue Buzzwords gibt, auf die man losgeht, um möglichst immer „hipp“ zu sein.

Da stand viel, sehr viel auf dem Zettel. Jetzt geht es an die Umsetzung, die Nachlese, das eigentliche Monitoring – wie viel davon wird umgesetzt? Wie viel davon wird wirken und wenn dann wie genau? Ich schaue immer mit dem Blick eines Zaunkönigs aus der Provinz auf das politische Geschehen in Düsseldorf als Landeshauptstadt. Natürlich ist immer auch mal der Begriff it´s OWL fällig als Symbol für eine mittelstandsstarke Initiative hier aus Ostwestfalen-Lippe (also aus der Provinz), aber für meinen Geschmack braucht es einen weiteren sichtbaren Aktionsradius, damit die vielen digitalen Bälle, die in der Luft sind, auch hier in der Bevölkerung ankommen. Gerne die nächste Konferenz in einer anderen Region von NRW stattfinden lassen, damit Teilhabe im ganzen Land „sichtbar“ und „fühlbar“ wird. Digital geht´s ja schon recht gut, da kann sogar der Ministerpräsident per Video grüßen und vom Sofa aus ist das Klicken und das Einspeisen von Ideen möglich. Gut so. Mehr davon bitte.

 

(P.S. Ich war im Rahmen der Konferenz in Session 9 „Digitalisierung und Pflege“ unterwegs. Konkretes dazu in Kürze.)

 

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