Unser jährliches Barcamp von „OffeneKommunen.NRW Institut e.V.“ in Wuppertal stand unter dem Motto: Lernende Stadt“. Was bedeutet das konkret? Wir haben dazu weitreichende Fragen diskutiert: Wie kommt man zu digitaler Mündigkeit in der Zivilgesellschaft, von wem kann man beim Prozesswissen lernen und mit wem könnte man netzwerken, wie lernt man aus Fehlern und können wirklich alle mitreden – und vor allem: Wie stärken wir Demokratie? Wir haben in den vielfältigen Sessions Antworten gesucht und mit der Community intensiv diskutiert.
Meine Session beschäftigte sich mit dem Thema „Schaffung von Experimentierräumen – kreativer Umgang mit juristischen Hürden“.Viele unserer Gesetze sind im analogen Zeitalter entstanden und behindern oft einen schnellen Fortschritt unter den Rahmenbedingungen des digitalen Zeitalters. Änderung von Gesetzen auf Bundes- und Landesebene sind zudem ein langer und undurchsichtiger Prozess. Das hemmt die digitalen Möglichkeiten, wenn Services in Anspruch genommen werden wollen – es gibt sie oft nicht. Gleiches gilt für Kommunen, bei der Umsetzung von Digitalisierungsprojekten.
Beispielsweise fehlen auf technologischer Ebene oft klare Vorgaben und Standards, die die Politik als Legislative setzen muss. Der Wunsch nach standardisierten Lösungen für alle Kommunen ist groß, denn die Digitalisierung soll das Leben erleichtern – und dies möglichst zeitnah und wirtschaftlich. Es braucht daher Reallabore, die ausprobieren, welche Veränderungen notwendig und anwendbar sind.
In der Diskussion sprachen wir das Normenscreening des Bundes, demnach könnten 20 Prozent der Normierungen verschwinden, 600 von 3.000 Vorschriften mit Schriftformerfordernis oder der Notwendigkeit des persönlichen Erscheinenens. Der Status quo ist der, dass Verwaltungsjuristen verharren an dem, was an Vorschriften da ist, sie sind nicht die Quelle der Veränderung. IT darf oft die möglichen Leistungen, diese Bürokratie zu ändern, nicht umsetzen. Etwa bei der Ausstellung von Geburtsurkunde etc. Dabei ist dieDSGVO ist ein riesiges Thema, hinter dem sich viele verstecken. Vorschriften erfüllen einen Zweck, der Schutz heißen kann und an vielen Stellen angebracht ist. Gebraucht werden allerdings kreative Juristen, die auch die neuen Chancen der Digitalisierung in der Praxis möglich machen. Statt dessen werden viele Vorschriften heute eher verschärft, denn abgebaut, etwa bei der Vermieterbescheinigung.
Oft ist auch die Unlust am Teilen ein wesentlicher Hinderungsgrund: Machterhalt und das Festhalten an alleiniger Deutungshoheit wurden in der Session daher heftig diskutiert. Wo geht es um das Abwiegeln von Forderungen, die ansonsten andere Entscheidungen als von der Verwaltung gewünscht nach sich ziehen könnten, wo werden Öffnungsforderungen abgewiegelt, um alte Pfadabhängigkeiten beizubehalten, weil man sich komod darin eingerichtet hat? Ein großer Stresspunkt ist stets der Haushalt, die Daten dazu werden nur ungern veröffentlicht, auch wenn es mittlerweile das Tool „Offener Haushalt“ gibt, dem man sich mit einer politischen Willensbekundung als Kommune anschließen kann.
Es gibt zudem eine traditionelle Angst vor Fehlern und Scheitern an sich. Das kreative Ausprobieren gehört nicht zu den Kernkompetenzen von kommunalen Verwaltungen, die bisher angetreten sind, alles juristisch sattelfest zu machen. Auch open Innovation ist den Verwaltungen fremd, Neues kann nicht geboren werden. Innovative Themen – damit haben Ämter in Deutschland kaum bis keine Erfahrung. Eine solche Haltungsänderung hin zur Öffnung aber brauchte Zeit und mutiges Einüben. Oftmals liegen diese Entscheidungen der Ablehnung gegenüber der Öffnung bei einzelnen Sachbearbeitern, die dazu aber rein hierarchisch gar nicht befugt sind. Es empfiehlt sich also stets die Nachfrage, auf welcher Ebene ein Nein getroffen wurde – um möglicherweise das Ergebnis in Frage zu stellen. Eine untere Instanz fällt eine Entscheidung, hinter der sich dann ein ganzes Haus verschanzen kann. Damit werden Entscheidungen durch Einzelpersonen gefällt und nicht durch einen spezifizierbaren Rahmen im Sinne einer Clearing Stelle. Juristische Hürden wurden in den letzten Jahren mit Erfolg hochgezogen, datenschutzrechtliche Prüfungen werden oft als Scheingefecht angezettelt, um Zivilgesellschaft fern zu halten. Es fehlt anschließend an einem offenen Diskurs, warum das so ist und was der eigentliche Beweggrund ist. Im Grunde stellt sich hier der Zielkonflikt an sich ein: Zwischen Transparenz und Beibehalten des Status Quo. So aber werden die Rollen zwischen Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft nicht im Sinne des Open Government neu ausgehandelt. Es geht hier also deutlich um eine veränderte Haltungsfrage insbesondere in den Verwaltungen.
Sicher braucht es Vorbilder in fortschrittlichen Verwaltungen. Die Datenregion Rhein (Köln,, Bonn, Düsseldorf) wäre so ein gutes Beispiel: Sie zeigen anhand von 50 Themen, welche Daten sich schon jetzt als Open Data und als unbedenklicher Standard durchgesetzt haben – diesem Beispiel können Verwaltungen folgen und ihre Daten ebenfalls rausgeben, ohne die Diskussion wiederholt und negativ zu führen. Erinnert sei hier an den kommunalen Open Government Pakt zwischen dem Land und den Kommunen – das Ziel soll 2020 erreicht sein und heißt: Öffnung. Es fehlt an einem bundesweiten Portal, in dem alle guten Beispiele aus Deutschland gebündelt vorgestellt werden und die zeigen, wie open geht. Bis dahin wären Entscheidungen aus den Rathäusern im Sinne von Open by Default- Beschlüssen schon ein wirklich guter Weg. Auch die Bürger hätten dann einen Anspruch darauf. Vielleicht braucht es auch noch mehr Erklärungen und gute Beispiele, warum Open Data und Open Government gut sind – wozu sie beitragen. Etwa zur Stärkung der Demokratie, weil Transparenz und Zugang sowie Teilhabe möglich werden.
Bürger kennen zudem ihre Rechte oftmals nicht. Sie haben keine praktischen Packenden, wie sie etwa doch an Informationen kommen, die ihre Interessen befeuern. Hier wird auf das die Tools wie „Frag den Staat“ oder auch das IFG in NRW hingewiesen, welches das direkte Einfordern von Wissen und Daten ermöglicht.
Das Thema „Experimentierräume – kreativer Umgang mit juristischen Hürden“ bleibt ein heißes. Wir arbeiten in einem Arbeitskreis zusammen mit vielen Aktiven daran, u.a. auch mit der KGST sowie einigen Instituten von Fraunhofer.
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