Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat den Kommunen empfohlen mit ihren Datenbeständen Geld zu verdienen.
Diesem unsinnigen Vorst0ß von Dr. Gerd Landsberg als Chef des DStGB kann gar nicht genug widersprochen werden!
Der SWR zitiert den Vorsitzenden des DStGB Gerd Landsberg so – (auf der Website des DStGB gibt es dazu übrigens keine Stellungnahme):
Daten seien „das Öl des 21. Jahrhunderts“, sagt Gerd Landsberg. Er ist Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes – ein Verband, der die Interessen von 11.000 Kommunen unterschiedlicher Größe vertritt. Die Kommunen müssten mit ihren Daten Geld verdienen, sagte Landsberg dem SWR. In anonymisierter Form sollten sie diese Datensätze nicht mehr kostenlos zur Verfügung stellen, sondern an private Unternehmen verkaufen. Mit dem Gewinn könne man dann für Verbesserungen in den Kommunen sorgen. Davon würden wiederum die Bürger profitieren.
Und weiter findet sich dazu an gleicher Stelle:
Vielen Datensammlern wie Facebook stehen gerade massiv unter Druck, weil ihre Bestände politisch genutzt und zum Teil auch gezielte, sehr manipulative Wahlwerbung gemacht wird. Kommt ihr Vorstoß vielleicht zu einem etwas unglücklichen Zeitpunkt?
Nein, ich glaube er kommt gerade zum richtigen Zeitpunkt, weil die Bürger uns vertrauen. Weil sie sich darauf verlassen können, dass wir ihre Daten zum Beispiel nicht für diese Zwecke weitergeben, und deswegen müssen wir das in die Diskussion einbringen und nicht den Großen überlassen.
Lieber @Gemeindebund. Was ist aus dem Positionspapier von 2014 geworden? Dort heisst es: „Die Öffnung von Daten […] ist ein wichtiges Element einer transparenten und vernetzten Verwaltung. Der
[…] DStGB, […] unterstützen die Verbreitung von Open Data.“ https://t.co/xty2KmhPza— Daniel Havlik (@dhnilo) 9. April 2018
Nach dem Datenhype um Facebook und Cambridge Analytica folgt nun eine Lawine von Hirngespinsten aus der Funktionärsetage des kommunalen Spitzenverbandes, Daten der Bürger zu verkaufen, damit auch die Kommunen etwas von den Daten hätten. Die seien mit Steuergeldern bezahlt und so sollten Nutzer auch ihrerseits für die Nutzung Geld zahlen. Auf diese Art und Weise werden aber lediglich krude Geschäftsmodelle kopiert – aber nicht zum Guten für die Kommunen. Diese Ansätze widersprechen dem Open Government Gedanken und dem Stand der Dinge, nach dem Daten mensch- und maschinenlesbar für alle durch die Verwendung offener Nutzungsrechte von jedermann frei verwendet, nachgenutzt und verbreitet werden können. Eine Einschränkung erfahren sie nur, wenn es um personenbezogene Daten geht.
Werden Daten jetzt verkauft, sind Kommunen damit marktorientiert, wo sie doch eine dem gemeinwohlorientierte DNA haben und verfassungsmäßig anders aufgestellt sind als Geld zu verdienen. Zudem wird es kaum mehr Projekte und Anwendungen in Bürgerhand geben, da sich die Community und Interessierte diese dann nicht mehr leisten können – ein enormes Potenzial geht verloren, welches bisher in sehr großem Maße in gemeinwohlorientierte Projekte geflossen ist. Es ist die OpenData-Community um Code for Germany und den OKLabs in Deutschland, die seit Jahren den Beweis führen, wie sinnvoll und gemeinwesenorientiert Offene Daten eingesetzt werden können. Sie haben längst gezeigt, was damit alles konkret machbar ist – immer mehr wird der volkswirtschaftlich relevante Nutzen von Open Data unterstrichen. Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat dazu berechnet:
Die Open-Data-Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. belegt, dass offene Verwaltungsdaten in Deutschland einen volkswirtschaftlichen Mehrwert von 43.1 Mrd. Eur. p.a. erzeugen und 20.000 Arbeitsplätze schaffen können. Sie liefert damit ein starkes Argument, die systematische Bereitstellung offener Daten zu forcieren. Und viel mehr: Open Data kann Treiber des gesellschaftlichen Wandels sein und das Verhältnis von Staat, Bürger und Wirtschaft entscheidend prägen. Verbesserte Rahmenbedingungen und politische Führung sind dafür zwingend erforderlich.
Es ist die Open-Data-Community, die sich eingesetzt hat für den OpenGedanken als transparente Grundlage des Regierungs- und Verwaltungshandeln. Durch ihr Wirken und die realen Projekte setzte ein notwendiger Paradigmenwechsel ein, der das Vertrauen der Bürgerschaft wiederzugewinnen hilft. Dafür setzt sich #OffeneKommunen.NRW seit Jahren ein, dafür steht auch das Netzwerk Open Government Deutschland.
Das Vertrauen wird jetzt verspielt, wenn Daten von Bürgern verkauft werden sollen. Das hat eine ganz andere Qualität, die wieder Intransparenz und Vorteilsnahme Vorschub leistet, weil die Bürgerschaft an diesem Aushandlungsprozess mit wirtschaftlichen Interessen Weniger kaum beteiligt sein dürfte. Bei der Nutzung von Open Data ist das umgekehrt, das Prinzip Open hilft allen, die die Daten nutzen wollen oder auch nur die Ergebnisse nutzen könne, wie die zahlreichen Apps und Tools, die entstanden sind.
Auch wird verkannt: Daten werden bereits jetzt schon von den Kommunen verkauft. Die Einnahmen daraus sind gering, die verwaltungstechnischen Aufwendungen hoch. Es gibt hierzu bereits Berechnungen (Entgeltstudie des BMI), dass sich das nicht lohnt. Als Bürger kann man der Weitergabe eigener Daten widersprechen, allerdings wird kaum jemand im Bürgeramt darauf hingewiesen. Firmen können trotz Widerspruchs danach fragen, ob die ihnen bereits vorliegenden Adressen noch aktuell sind. Anschriften sind viel wert, wenn man Werbung verschicken will. Trotz einer oftmals mangelnden Qualität von Daten sind es gerade kommunale Daten, die ein hohes Maß an Verifizierung versprechen. Davon zu sprechen, dass die Bürger besonderes Vertrauen in die Verwaltungen haben, ist daher richtig. Taugt aber im Umkehrschluss auch nicht für den Ansatz, dass Verwaltungen die Bürgerdaten schon schützen würden, denn Geschäftsinteressen werden schon jetzt gegenüber Kommunen ganz vehement durchgesetzt.
Bekannte deutsche Firmen, die mit Adressen handeln und diese vermarkten sind Arvato AZ Direkt des Bertelsmann Konzerns, die Deutsche Post Direct und die Schober Information Group. Was die Deutsche Post gerade mit Daten veranstaltet hat, ging gerade eben durch die Presse: sie hat personenbezogene Daten an die CDU und FDP verkauft, die damit passgenau Wahlkampfwerbung betrieben haben. Was noch so alles an Skandalen aus der Ecke auf uns wartet – wir werden sehen, wie akkurat diese Big Player mit unseren Daten umgehen.
Mit der neuen DSGVO wird den Bürgern ab Mai die erweiterte Möglichkeit gegeben, nicht nur Firmen, sondern auch die kommunale Verwaltung danach zu fragen, an wen sie die Daten weitergegeben haben und zu welchem Zweck. Damit verbunden sind auch weitere Möglichkeiten, wie das Recht auf Löschen und Verändern.
Die vorliegenden Daten in den Kommunen sind aus Steuermitteln finanziert, sie gehören den Bürgern. Es ist die Entscheidung der Bürgerschaft, ob sie diese im Sinne von #OpenData und im Sinne der Allgemeinheit offen nutzen wollen – oder nicht. Mittlerweile ist das Open Data Gesetz in Kraft. In NRW steht das Landesgesetz noch aus, ist aber in Arbeit. Damit ist man auf dem Weg, dass der Souverän schon entschieden hat, Daten Open zu stellen.
Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob der Staat überhaupt wirtschaftlich arbeiten soll – und sich damit einreiht in die Riege der durchökonomisierten Felder. Der Staat verfolgt ein monetäres Erlösmodell – so dachte man in den Kaderschmieden, den Stiftungen, die sich theoretisch dem neoliberalen Wettstreit von Kommunen mit Kennzahlen etc. widmeten. Ein überholtes Modell von Staatlichkeit als Wettbewerber – angesichts der neuen Formen von Good Governance und dem Kampf gegen Korruption und Vorteilsnahme ist das einfach nur schräg.
Puh, kaum ist der @Habbel weg, schon kommt ein spektakulärer Dämpfer für die gesamte #opendata-Bewegung vom @Gemeindebund ? Da hat man wenig verstanden – man muss sich als kommunaler Treiber schwer veräppelt fühlen … https://t.co/D6oS9Ue0oJ
— Claus Arndt (@derarndt) 9. April 2018
Wir stehen an einem Wendepunkt. Daten wohlfeil zum Kauf anzubieten ist nicht der Weg, um unsere Demokratie zu stärken. Schon gar nicht, weil wir Bürger gar nicht gefragt werden. Wir haben auch keine Sanktionsmöglichkeiten gegenüber dem Staat, wenn der unsere Daten verkauft. Das sind sehr schlechte Rahmenbedingungen in einer Zeit, in der die Gesellschaft nervös ist und Orientierung sucht. Ein großes Maß an Offenheit wäre hilfreich in einer Zeit, die zudem nicht mal geregelt hat, wie das Eigentumsrecht an Daten eigentlich aussehen könnte. In Deutschland gibt es das nicht.
So jedenfalls nicht, Herr Landsberg und Co. !