Kommunale CO2-Bilanz – Vortrag im Rahmen der Klimawoche Gütersloh

Auf den ersten Blick ist es ein sperriges Thema. Auf den zweiten Blick rüttelt es auf. Vor allem nach dem fesselnden Vortrag von Benjamin Gugel vom ifeu. Er zeigt auf, wie Kommunen ihren CO2-Ausstoß bilanzieren können. Noch besser: Was auch die Bürgerschaft selbst tun kann.

Beteiligte Initiativen Klimawoche Gütersloh

Unsere Erkenntnisse über die Risiken bei weiter steigender menschengemachter Erderwärmung sind nachlesbar im aktuellen IPCC_Bericht. Sie werden noch drängender, wenn man sich ansieht, wie lange schon vor den Folgen des Klimawandels ungehört gewarnt wird.

Benjamin Gugel sagt ganz deutlich und stützt sich auf diese wissenschaftlichen Erkenntnisse: Es geht nicht mehr um die Natur. Die hilft sich selbst. In der Klimakrise geht es um die Rettung der Menschen. Unsere Gattung steht zur Disposition.

Was tun?

Diese Frage einte die Zuhörerschaft im Zoom-Talk, der im Rahmen der Klimawoche Gütersloh stattfand. Moderiert wurde der Abend vom Vorsitzenden des Jugendparlaments, Benno Schulz. Mit dabei: viele Gesichter der Jugendlichen aus den Schulen, die sich für die Klimarettung einsetzen. Ein gemischtes Publikum mit einer Frage: wie kommen wir vom Wissen ins Handeln?

Warnung des IPCC

In seinem Vortrag bezieht sich Gugel auf die 1,5 Grad Erderwärmung im Pariser Klimaabkommen – als Szenario für unsere noch gegebene Handlungsfähigkeit. Dieses Ziel wäre demnach noch rund 7 Jahre, 10 Monate und 23 Tage einhaltbar und mit sofortiger Handlungsbreite. Danach wären unumkehrbare Kipppunkte wirksam. Die Zeit tickt also. Alle Annahmen über diese Gradzahl hinaus zeigen eher Katastrophen als Optionen.

CO2-Bilanzen fallen auf allen Ebenen an: Bund, Land, Kreis, Kommune. Die Grenzen der Messung überschneiden sich, auch Unternehmen berechnen ihren CO2-Fußabdruck, hinzu kommen auch Produkte und deren Herstellungszyklus etc. m die bemessen werden. Den eigenen CO2-Fußabdruck kann sich jeder im uba-CO2-Rechner berechnen lassen.

Bitte kein Greenwashing

Weil so viele wirtschaftsgebundenen Akteure in der Öffentlichkeit gerade die Parole ausgeben, sie werden „klimaneutral“, wäre das zu hinterfragen. Genaues Hinschauen ist angesagt. „Klimaneutral“ ist ein nicht fest definierter Begriff, er wird vielfältig genutzt, so Gugel. Gerne ist die Nutzung dieser Begrifflichkeit dann auch „Greenwashing“ – also wird als aktives Handeln gegen den Klimawandel deklariert, ist es aber nicht wirklich, weil bloß Kompensation dahinter steht und nicht etwa das Aufhören von Emissionen. Gugel empfiehlt „Schauen Sie da genau hin. Klimaneutral wird man nicht über Nacht, so wie viele Kampagnen Glauben machen“.

Derzeit existiere ein „Wilder Westen“ der kommunalen Bilanzierung von CO2. Eine Vereinheitlichung kann dazu beitragen, die Vergleichbarkeit herzustellen. Er streift in seinem Vortrag den Standard nach BISKO. Zur Grundlage nimmt er das Territorialprinzip, demnach werden alle Energieverbräuche vor Ort erfasst: Haushalte, Wärme, Energie, Verkehr. Das allerdings sei knifflig. Die Frage stellt sich: Wer verbraucht Energie vor Ort? Mit welchen Energieträgern? Dabei ist es auch von Belang, ob eine Kommune ein breites Spektrum an Industrie aufweist oder eher ländlich geprägt ist oder eine Schlafstadt ist. Dieses Setting einer Kommune bedeutet dann auch, dass die Kommune in nur wenigen Feldern konkreten Einfluss nehmen kann oder auch gar nicht. Gugel verweist auf den Praxisleitfaden kommunaler Klimaschutz.

Es wird deutlich: Verkehrspolitik ist wohl der leichteste Einstieg, weil da die kommunale Handlungsfähigkeit am größten scheint, wenn es um Fördern und Fordern geht.

Die Kommunen müssen eher die Grundlagen legen, sie können den Klimaschutz in den Fokus nehmen – das haben auch einige Kommunen bereits getan, die etwa den Klimanotstand ausgerufen haben. Wie etwa Konstanz. Aber es wird deutlich, eine Kommune alleine kann wenig ausrichten, sie ist eben auch Nachbarkommune und nicht frei schwebend.

Was kann jeder selbst tun?

Die Frage stellte sich zudem: Was kann ich selbst für meine Kommune tun, wenn es um den Klimaschutz geht? Zumindest kann sich jeder informieren, wie sein eigener CO2-Fußabdruck aussieht. Eben auf der Website des Umweltbundesamtes mit dem uba-Co2-Rechner.

Meine persönliche CO2-Bilanz lautet:

uba-Co2-Rechner

Die privaten CO2-Emissionen finden sich summiert als Bevölkerung in der Bilanz der Kommunen wieder. Ein Beitrag zur Reduzierung von CO2 wäre möglich. ABER: nur durch Änderung des Lebensstils! Ganz klar und deutlich. Das Motto lautet im ZOOM-Chat unisono: weniger ist mehr! Die Abkehr von Konsum wird später thematisiert und diskutiert. Und die mögliche Abkehr von der Idee des stetigen Wachstums auch.

Wir brauchen zudem eine Infrastruktur, wenn wir den Klimawandel aktiv gestalten wollen, heißt es: etwa weniger Straßen, mehr Windkraft, weniger fossile Brennstoffe für Wärme etwa. Wie gesagt, der IPCC-Bericht lässt keinen Zweifel daran, dass sich die Erde selbst helfen kann, aber der Mensch muss sich jetzt fragen, wie er sich und seine Gattung überlebensfähig halten möchte.

CO2-Bilanz als Muss?

Auf die Frage, ob eine CO2-Bilanzierung demnächst gesetzlich festgelegt wird – in etwa so wie Open Data, damit alle BürgerInnen wissen, wie groß der kommunale Fußabdruck ist – das sei schwierig, antwortet Benjamin Gugel, weil damit gleichzeitig die Frage der finanziellen Förderung verknüpft sei. Aber ja, da ist einiges möglich. BaWü ist da schon fortschrittlicher mit der Landesgesetzgebung, Beispiel: Wärmenutzungspläne werden künftig vorgeschrieben. Wie will eine Kommune Wärme herstellen? Bei der Aussage „fossilfrei“ wären damit eine Richtung vorgegeben. In NRW gilt die Forderung nach einem Klimaschutzkonzept. Es steht die Frage im Raum, wie man Kommunen dazu befähigt und ertüchtigt. Der Weg dahin ist weit.

Welche Anregungen er für die Stadt Gütersloh hätte – wurde Benjamin Gugel natürlich auch gefragt. Und konnte einige Aspekte schildern. Die aber finden sich demnächst auf dem Forderungskatalog der Klimawoche Gütersloh…..

Kommunale CO2-Bilanzen ist als Thema für Kommunen von großer Bedeutung – das können wir hier und jetzt schon empfehlen, wenn sich Kommunen verstärkt auf den Weg machen. Danke an Benjamin Gugel. Danke ans ifeu.

Die gezeigten Charts folgen.

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