Korruption,Nebenverdienst,Lobbyregister

Dieser Tage ist ein Skandal um Korruption und Lobbyismus im Deutschen Bundestag entbrannt: Abgeordnete des Deutschen Bundestages kassierten Gelder im Rahmen von Maskenbeschaffung in Höhe von über 600.000 und 250.000 Euro. Bisher sind es nur zwei, weitere Missetäter werden erwartet.

Dabei gibt es solche Vorfälle, die die Demokratie unterhöhlen, nicht nur in Berlin. Es braucht nur einen Blick vor die eigene Haustür, auch da werden demokratiegefährdende Graustufen von Nebentätigkeiten in der Politik und bei Wahlbeamten sichtbar. Diese Selbstbedienungsmentalität von Gewählten ist schädlich, ist aber leider oft gerade eben noch juristisch erlaubt. Politisch und moralisch aber führen sie den Parlamentarismus weg von Demokratie und Vertrauen hin zu einem noch lediglich als lukrative Demokratie zu bezeichnenden Zustand.

Gerade ist unser heimischer MdB Ralph Brinkhaus (Wahlkreis Gütersloh) sehr gefragt, Glaubwürdigkeit wieder herzustellen. Er ist Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und muss den Scherbenhaufen zusammenkehren. Er versucht das mit einer peinlichen Art Selbstverpflichtung zu kitten, man arbeite an einem „Verhaltenskodex“ für die Abgeordneten, der Nebentätigkeiten klarer regeln solle als bisher. Ulrike Herrmann schreibt dazu in ihrem heutigen taz-Kommentar, das sei eine Frechheit – und macht deutlich, dass die Partei keine Firma sei, die im Kundeninteresse so freundlich sei, gesetzestreu zu handeln.

Bürgerrat Regionalkonferenz 2019

Dabei hat sich auch Ralph Brinkhaus in den letzten Jahren nicht als einer hervorgetan, der sich etwa für die lange schon formulierte Forderung nach einem Lobbyregister eingesetzt hätte. Das ist zwar jetzt in der Schmiede, aber nicht weitreichend genug. Und dabei war Brinkhaus bereits 2019 Schirmherr des Bürgerrates für die Regionalkonferenz in Gütersloh zum Thema „Demokartie“. An Platz 13 wurde auch hier die Einführung eines Lobbyregisters gefordert. Brinkhaus hat sich nicht dagegen gesperrt, aber hat sich dafür auch nicht eingesetzt.

Nebentätigkeiten vor Ort

Und dabei hätte er gerne auch mal schauen können, was sein Parteikollege Landrat Sven Georg Adenauer (CDU) und Enkel von Kanzler Adenauer eigentlich so an Nebeneinkünften einstreicht. Jedes Jahr wieder ist die Summe, die er dabei nebenher verdient ein großer Aufreger in der Lokalpresse – die Summe steigt von Jahr zu Jahr. In 2020, dem Jahr der Pandemie, waren es rund 84.000 Euro, die er in Nebentätigkeiten erwirtschaftet hat. 2020 stand der Kreis Gütersloh vor einem eigenen Lock-Down, denn hier hatten sich über 1.000 Leiharbeiter aus Rumänien und Bulgarien in der Firma Tönnies mit Corona infiziert. Ein Umstand, der dem Kreis Wochen des eigenen Lock-Downs eingebracht hat. Der Landrat machte in der Zeit einen stark überforderten Eindruck.

Wenn wir also über Nebentätigkeiten sprechen, muss man auch beachten, wie zeitumfänglich diese denn ausfallen. Bei Adenauer sind die Aufgaben so umfänglich, dass sie zwei DinA4-Zettel füllen. Er hatte also jede Menge zu tun, neben seiner Amtsführung als Landrat in schwierigen Zeiten. Zudem erscheint die Auflistung seiner Nebentätigkeiten juristisch astrein ausjustiert zu sein, er macht deutlich, dass alles legal sei – aber fragwürdig sind die Inhalte der Posten schon: Sparkasse und Energie bringen das meiste Geld. Und seine hausgemachten Gurken verkauft er auch noch im Werksverkauf von Tönnies.

ONLINE_ ANFRAGE

Ich habe daher eine Anfrage auf abgeordnetenwatch.de an Ralph Brinkhaus gestartet, wie er die Nebeneinkünfte seines Landrates einschätzt. Gleiche Anfrage ging auch an Elvan Korkmaz-Emre (MdB SPD, Kreis GT) und Wibke Brems (MdL NRW, Gütersloh).

Die Anfrage findet sich hier:

Sehr geehrter Herr Brinkhaus,

die Frage von Transparenz und Lobbyismus stellen sich auch auf kommunaler Ebene respektive Kreisebene. Ich nehme da gerne das Beispiel des Landrates Adenauer aus Ihrem Wahlkreis Gütersloh.

Seit Jahren legt der Landrat zwar seine Nebeneinkünfte offen, deren Beschaffenheit und stetig steigende Höhe jedoch werfen Fragen auf. Wieso etwa muss ein Wahlbeamter in so zahlreichen gut dotierten Posten im Sparkassengeflecht vertreten sein – und gerne an den Positionen wirken, die nicht an den Kreis abgeführt werden müssen? Warum kann ein Landrat in einem Energieunternehmen unterwegs sein und dort in einem Segment, das sich nicht unmittelbar mit der Zukunft von Energieversorgung von Kreisen befasst, sondern in einem Geflecht von Firmenbezügen undurchsichtig wird? Wie fragwürdig sind solche Nebentätigkeiten, wenn suggeriert wird, sie benötigen die Unterstützung von hochrangigen Wahlbeamten?

Die Frage stellt sich auch, wie viel Zeitaufwand überhaupt genehmigt wird, wenn die Nebentätigkeiten in ihrer Auflistung ganze zwei DinA4-Seiten füllen und rund 84.000 Euro in die Tasche des Landrates spülen – pro Jahr nebenher?

Was unternehmen Sie, damit diese Vorstufen der Korruption grundsätzlich für Mandatsträger/Wahlbeamte auch im kommunalen Bereich verboten werden?

Über Ihre Antwort freue ich mich.

Mit freundlichen Grüßen

GRAUZONE

Korruption, Lobbyismus und unmoralisch hohe Nebeneinkünfte als Grauzone und Vorhof von Korruption sind also keine Einzelfälle. Sie sind das Webmuster einer aktuellen CDU, sie zeichnen eine strukturelle Beschaffenheit, in der es wohl zur Selbstverständlichkeit gehört, dass das politische und verwaltungsvorstehende Personal an Geld interessiert ist.

Das wirf lange Schatten auf Politiker. Und darauf, dass es grundsätzlich schädlich ist, lange Verweildauern in den Parlamenten zuzulassen. Die Parteien stellen zudem selbst solche Kandidaten auf. Wie sehen künftig also die Kriterien für eine dem Gemeinwohl loyale Kandidatenwahl aus? Muss man sie checken, ob ihnen das Geld lieber ist als das Gemeinwohl? Und was bedeutet Politik in einem solchen Kontext? Ist sie verkommen zu einer Firma, in der man anheuert und sich nach oben die Töpfe immer fetter füllen, an denen man Anteil haben möchte? Ist Politik ein Beruf mit besten Karriereaussichten, oder doch einfach nur ein Amt auf Zeit. Geliehen und delegiert von den Vielen?

Wer Lobbyarbeit und Korruption bekämpfen möchte, braucht einen langen Atem. Und muss verhindern, dass nicht die falschen Propheten und Rechten von diesem Verfall profitieren.

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