Landesmutter macht Kommunal-Wahlkampf

Die Landesmutter Hannelore Kraft (SPD) verteilt Rosen gemeinsam mit dem (SPD) Bürgermeisterkandidaten Matthias Trepper. Auf den ersten Blick ist das nicht ungewöhnlich, zu sehr hat sich die Nation in den letzten Jahrzehnten des Politikbetriebes an solche Szenen gewöhnt. Aber: Solche Wahlkampfauftritte verstärken die Politik(er)verdrossenheit.

Das Foto zeigt Hannelore Kraft im Bürgermeisterwahlkampf in GT.
Hannelore Kraft im SPD Bürgermeisterwahlkampf in GT

Das Bild, welches vermittelt wird, ist: hier greift eine Hand in die andere. SPD hilft SPD, „gemeinsam schaukeln wir das schon.“ Sogar in der Lokalpresse lässt man sich zitieren mit „die Landesmutter hilft der Stadt, da ist es nicht schlecht, wenn der Bürgermeister weiterhin von der SPD ist“. Maria Unger ist auch SPD-Frau. Die Frage stellt sich, wird der Stadt nicht mehr geholfen, wenn sich hier die Farbe wechselt oder gar eine Parteilose im Rathaus sitzt?

Fakt ist, Matthias Trepper schafft den Wahlkampf nicht aus eigener Kraft.

Von einer Landesmutter, die neutral ist, hätte ich mir eher gewünscht:

Sie hätte allen im Land NRW wahlkämpfenden Kandidaten ihren Respekt zollen sollen, dass sie zu einer demokratischen Wahl antreten, bei der zu befürchten steht, dass die Wahlbeteiligung auf ein Rekordminusniveau abrutschen wird. Sie darf gerne eine Lanze brechen dafür, dass die Menschen überhaupt noch zur Wahl gehen. Auch ihr müsste es ein Anliegen sein, die bürgerschaftliche Basis in den Kommunen wieder an Politik und echter Partizipation zu interessieren. Die Menschen im Politikbetrieb mitzunehmen, statt Stallgeruch zu verbreiten.

Zudem darf sie sich gerne auch einsetzen dafür, dass mehr Frauen in die Kommunalpolitik eintreten, sich vor Ort stark machen, damit Politik überhaupt noch repräsentativ wirken kann. Von den rund 70 OWL-Kandidaten sind nur 8 Frauen zur Wahl angetreten.

Aber statt dessen hilft sie einem Parteigenossen, Rosen zu verteilen.

Wann bitte darf man übrigens Angela Merkel erwarten, die dem CDU-Kandidaten Schulz Kraft spendet?

Kommunalpolitik braucht längst andere Formate als Kraft- und Kanzlerinnenbesuche, um zukunftsfähig zu sein.

3 Kommentare Füge deinen hinzu
  1. Hallo Frau Knopp,

    es ist wirklich erstaunlich, welch enorme Bedeutung sie einen Besuch von Hannelore Kraft zuschreiben. Ihre digitalen Wahlplakate müssten doch diesen PR-Effekt längst wieder zu Ihren Gunsten gedreht haben!

    Bisher war ich der Ansicht, dass Ihre Kandidatur um das Amt der Bürgermeisterin von Gütersloh keine satirische Aktion, sondern ehrlich und seriös gemeint ist. Grade deshalb bin ich der Meinung, dass man Ihnen nicht unwidersprochen jeden Unsinn einfach durchgehen lassen kann. Hinterher werden Ihre verzerrenden Aussagen noch als selbstverständlich und akzeptabel verstanden.

    Was möchten Sie mit solchen Artikeln darstellen? Treibt sie tatsächlich die Freude am Argument, oder eher die Freude an der Polemik an? Sie verwenden den Begriff „Landesmutter“ so, als wäre es ein im Grundgesetz verankerten Amt. Sollten Sie diesen Blogeintrag tatsächlich ernst gemeint haben: nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass Hannelore Kraft nicht die Bundespräsidentin ist, die über den Parteien steht. Sie ist auch nicht nur die Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen. Das wurde Sie übrigens deshalb, weil sie die Vorsitzende der sozialdemokratischen Partei in NRW ist. Und in dieser Rolle hat sie Gütersloh besucht.

    Wenn eine SPD Vorsitzende ein Mitglied der Partei im Wahlkampf unterstützt, so ist dies keine „Szene, an die sich gewöhnen müssen“, sondern ein sichtbarer Ausdruck von Solidarität. Seit mehr als 150 Jahren ein Grundwert dieser Partei. Hätten Sie Ihren Blickpunkt über Gütersloh hinaus geworfen, hätten Sie gesehen, dass Herr Trepper diese Solidarität nicht exklusiv besitzt. Frau Kraft hat in Gütersloh nun einen kurzen Halt gemacht und war den ganzen Tag in Ostwestfalen unterwegs. Wenn Sie es denn möchten, müssen Sie sich die sozialdemokratische Verschwörung schon in größeren Dimensionen ausdenken.
    Es ist ja durchaus möglich, dass Sie einfach eine grundsätzliche Aversion gegen die SPD hegen. Dann ist es aber schon sehr verwunderlich, dass Sie gerne die Formel „mehr Demokratie wagen“ verwenden. Ein Ausspruch von Willy Brandt. Ein Sozialdemokrat, der zusammen mit seiner Partei tatsächlich und dauerhaft etwas für die konkrete Demokratisierung der deutschen Gesellschaft bewirkt hat.

    Sie schreiben weiter „Matthias Trepper schafft den Wahlkampf nicht aus eigener Kraft.“ Entschuldigen Sie Frau Knopp, das Amt der Bürgermeisterin / des Bürgermeisters ist keine Position die man als Einzelperson erreicht. Weil Ihnen das selbst klar ist, greifen Sie auch gerne auf die Unterstützung einer Bürgerinitiative zurück. Vielleicht ist das für sie neu, aber es geht in der Politik nicht nur darum ein Amt zu erringen, sondern aus dem Amt wirklich etwas zu verändern. Und dazu sind in einer Demokratie Organisationen unabdingbar.

    Und das ist der gefährliche politikverachtende Kern den Sie mit diesen Eintrag transportieren möchten: Parteien sind etwas schlechtes. Und hier liegt das Problem: nicht ein Wahlkampfbesuch einer sozialdemokratischen Parteivorsitzenden, sondern Ihre Aussagen verstärken Politik und Parteiverdrossenheit! Wenn man nicht nur Schaupolitik (wie sie?) betreiben möchte, sondern wirklich bereit ist etwas politisch zu verändern, dann benötigt man Organisationen. Wenn Sie sich nicht in eine (wahrlich lange) Liste von zwielichtigen Personen aus Deutschland einreihen möchten, dann könnten Sie als Politikwissenschaftlerin zumindest klar machen, dass Parteien nicht von großen Übel, sondern für tatsächliche Demokratie unabdingbar sind. Es ist schon merkwürdig, wenn sie „der Politik“, „der Verwaltung“ oder „den Parteien“ Inkompetenz und alles schlechte zuschreiben, aber andererseits von diesen Akteuren Problemlösungskompetenz erwarten.

    Sie sagen, dass andere (Politik)Formate benötigt werden um Zukunftsfähig zu sein. Leider ist Ihr ideologisches Dach der Bürgergesellschaft, oder was Sie sich unter dem Smoothie aus „Transparenz“, „Digitalisierung“ und „Beteiligung“ verbirgt, nun wahrlich keine neue Idee und ziemlich dünn, wenn es darum geht tatsächlich mehr Partizipation zu ermöglichen. Seien Sie zumindest in einem Punkt ehrlich: auch Ihre Politikideen funktionieren nicht ohne Parteien.

    Abschließend möchte ich Sie darauf hingewiesen, dass es mit den Piraten vor wenigen Jahren konsequentere politische Menschen als Sie gab. Man muss den Piraten zugute halten, dass sie sich nicht damit abgegeben haben, mit dem erhobenen Zeigefinger auf andere Organisationen zu zeigen. Sie wollten ihre Ideale nach Transparenz und Beteiligung tatsächlich politisch umsetzten und haben deshalb eine neue Partei gegründet. Leider ist der Vollkontakt mit der Realität dann doch nicht so schön, wie der Ruf nach Partizipation in Blogeinträgen und Sonntagsreden. http://www.sueddeutsche.de/politik/piraten-im-saarland-vom-ende-eines-phaenomens-1.2565338

    Viele Grüße
    Carsten Engelbrecht

    1. Sehr geehrter Herr Engelbrecht, vielen Dank für Ihre ausführliche Stellungnahme. Schreiben Sie bitte auch dazu, dass Sie im Ortsverband der SPD Gütersloh mitwirken und laut Internet auch Kreisvorsitzender der Jusos sind. Das ordnet Ihre Einstellung erkenntlicher ein.

      Dass nicht die Parteivorsitzende der Landes-SPD zur Wahlkampfunterstützung nach Gütersloh gekommen ist, sondern die „Ministerpräsidentin“ schreibt so auch Herr Trepper auf seiner eigenen Facebook-Seite „Die NW Gütersloh berichtet heute ausführlich vom gestrigen Besuch der Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.“

      Zudem sehe nicht nur ich diese Art von Besuchen kritisch – sondern auch andere. Wie etwa der Express aus Köln, der sogar schreibt und vermutet, dass die Ministerpräsidentin das Gesetz gebrochen habe, indem sie ihren Stab zur Vorbereitung nutzte: Hier der Link dazu: http://www.express.de/politik-wirtschaft/wahlkampftour-fuer-buergermeister-kandidaten-bricht-nrw-ministerpraesidentin-hannelore-kraft-das-gesetz-,2184,31277500.html

      Wenn Organisationen, wie Sie sie für notwendig erachten, sich in dem Kontext bewegen, wird es schwierig, ihre Glaubwürdigkeit nach außen aufrecht zu erhalten.

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