Ich arbeite an meinem neuen Buch.
„Demenz und Digitales“ – wie gelingt der Spagat zwischen einem Alltag „ohne Geist“ und dem Fehlen von „Künstlicher Intelligenz“ als digitaler Helfer bei der Ewigkeitsaufgabe einer liebevollen Demenzbetreuung? Über das Menschliche, sein schleichendes Vergessen und über konkrete Utopien mit dem Einsatz von Robotern und Algorithmen fülle ich zur Zeit die Buchseiten.
Eigentlich hatte ich mir etwas ganz Anderes vorgenommen. Anfang fünfzig erwartete ich den Lebensabschnitt der Freiheit nach der Familienphase. Dann klopfte die Demenz bei zwei Angehörigen an und war gekommen, um zu bleiben. Ab jetzt beherrschte das Vergessen und das Leben „ohne Geist“ meinen Alltag. Erst schafften wir es vier Jahre lang zuhause in den eigenen vier Wänden, dann folgt der Umzug in ein Demenz-Wohnheim.
Demenz ist Sand im Getriebe einer Gesellschaft, die sich Optimierung auf die Fahnen geschrieben hat. Der Mensch ist ein Fehler im System. Neue Entdeckungen in der Bio- , Neuro- und Informationswissenschaft sind schon jetzt in der Lage, unsere Grundannahmen bezogen auf Pflege und Altern auf den Kopf zu stellen. In meiner jahrelangen Demenzbegleitung tauchten viele Handlungsfelder auf, in denen künftig Digitales das Zepter übernehmen wird. Wird das unser Segen sein – oder werden wir unfrei und fremdgesteuert? Körperoptimierungsutopien bahnen sich ihren Weg in die Altenheime. Wir entscheiden heute darüber, wie wir selbst morgen alt werden wollen. Demenz, Künstliche Intelligenz, Roboter, Resilienz, Freiheit und Gesellschaft – alles ist mit allem vernetzt.
Hat man sich als Gesellschaft einmal auf einen solchen Weg eingelassen, entstehen Pfade der Folgewirkungen, die kaum wieder verlassen werden können. Das gilt insbesondre für die Frage des „neuen Alterns“:
Das Menschenbild wird neu geprägt. Trends wie Selbstoptimierung durch Überwachung der Vitalwerte und auch Verbesserungen des Körpers durch Prothesen und Implantate, die sogar die Denkleistung des Menschen verbessern wollen, klopfen an die Tür. Sie warten fieberhaft, dass sie die Schwelle der Marktreife übertreten dürfen. Das nennt sich dann „Der neue Mensch“ oder auch „Mensch 2.0“. Dahinter ragen Begriffe auf wie „Human Enhancement“, „Cyborg“, „Whole Brain Emulation“ „Neuro-Enhancement“ — künstliche Intelligenz und Roboter sind ihre Glaubensbekenntnisse.
Wir wohnen staunend und schweigend einem epochalen Technologiesprung bei.
Über all diese smarten Wunderwerke, dieses Kleinteilige im Alltag mit Demenzpatienten und auch über Resilienz bei pflegenden Angehörigen schreibe ich – gewohnt direkt, erwartbar gepaart mit schwarzem Humor. Unsere ganz persönliche dementielle Odyssee, ganz Privates zwischen Geist und ohne Geist und Betrachtungen zum neuen Menschen 2.0 finden sich hier verwoben zwischen den zwei Buchdeckeln.
Ich begann mit dem Schreiben an dem Tag, an dem ich mich selbst fühlte wie ein Roboter.
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