Open Government für jede Kommune – jetzt!

Es war eine Un-Konferenz, die 1. Kommunale Open Government Konferenz NRW 2018 in Köln. Eine Un-Konferenz, weil ein Barcamp, auf dem die Tagesordnung erst vor Ort von den Beteiligten selbst erstellt wird. Und sie liegt nun hinter uns. Mit 220 Teilnehmern und einer sehr langen Warteliste von Teilnahmeinteressierten, die aber leider aufgrund der begrenzten Kapazität kein Ticket bekommen haben, ist das Experiment geglückt: Im November 2017 hatten wir bei unserem jährlichen Netzwerktreffen von OffeneKommunen.NRW überlegt, wie der Brückenschlag von der Zivilgesellschaft in die Verwaltung, Politik und eine breitere Öffentlichkeit noch besser gelingen kann. Mit der Konferenz am Dienstag ist die Blase geplatzt und viele neue Gesichter und Interessierte fanden den Weg nach Köln, waren als Aktive im Barcamp eingebunden. Rund 30 Sesssions standen auf dem Programm – gehalten und vorgeschlagen von Praktikern, Interessierten, Neueinsteigern, Netzwerkern und Menschen, die Open Government voranbringen möchten, leben wollen vor Ort in der eigenen Kommune. Getwittert wurde unter #kogk – dazu finden sich zahlreiche Postings. 

 

Kommunale Open Government Konferenz in Köln – mit 220 Teilnehmern komplett ausgebucht.

 

 


Alle Themen kreisten um das Thema „Open Government“. Man kann es als „offene Staatskunst“ übersetzen oder als ein offenes Regierungs- und Verwaltungshandeln. Das steht für eine moderne, aufgeschlossene und aktive kommunizierende Verwaltung, eine lebendige Kommune mit mündigen und interessierten Bürgern. Open Government ist eine Haltungsfrage und kein Techthema.

Open Government ist längst eine globale und auch nationale Angelegenheit. Deutschland ist 2016 dem globalen Netzwerk Open Government Partnership beigetreten. Im ersten Nationalen Aktionsplan finden sich bereits fünfzehn konkrete Beispiele, die auch von der Zivilgesellschaft erarbeitet wurden, wie Bundesbehörden sich öffnen: Hier ist vom Elterngeld digital die Rede und viel weiterführender die Etablierung eines verlässlichen Open-Data-Ökosystems. Der 2. Aktionsplan folgt 2019 und adressiert jetzt auch die Kommunen – wir sind auch als Zivilgesellschaft aufgerufen, konkrete Anwendungen beizutragen. Die Öffnung von Regierungsprozessen und Entscheidungen, die Förderung von Bürgerbeteiligung und Engagement, natürlich gleichfalls auch die Verwaltungsmodernisierung – sie avancieren damit zum Kippelememt der Politik: Das ist wie beim Domino, wenn ein Stein fällt, fallen die anderen auch. So ist „Open“ der kippende Stein, der Erneuerung auf der ganzen Linie in Bewegung bringt.

Als NRW sollten wir da ganz vorne sein – schließlich hat NRW bereits 2016 einen Open Government Pakt zwischen den Kommunen und dem Land geschlossen: Bis zum Jahr 2020 soll Open Government in den Verwaltungen NRWs als gängige Praxis verankert und am Nutzen der Öffentlichkeit ausgerichtet sein. Dazu braucht es nicht nur Lyrik, sondern konkrete Maßnahmen und einen Zeitplan. Daran wollen wir mitwirken.

Wir haben zu Open Government in NRW konkrete Forderungen und Anregungen formuliert, die wir hier mit dem Titel „Frischzellenkur für die Demokratie“ zum Nachlesen im Blog von OffeneKommunen.NRW gepostet haben. 

Staatssekretär Christoph Dammermann aus dem Ministerium für Wirtschaft, Innovation und Digitales des Landes NRW formulierte u.a.

 

Wenn Open Government in die Rathäuser einzieht, sitzt damit die Bürgerschaft mit am Tisch. Wir wollen den Zugang zu Wissen verbessern und Wissen teilen. Für uns gehört eine offene und konstruktive Zusammenarbeit dazu. Die Rollen von Bürgern, Verwaltung und Politik werden belebt. Ein wichtiger Aspekt ist dabei Open Data: Wir befreien die vielen Daten aus den Schubladen und machen sie der Öffentlichkeit zugänglich. Daraus können digitale Anwendungen entstehen, die ihrerseits einen Mehrwert für das Gemeinwohl bringen aber auch neue Geschäftsmodelle ermöglichen. Offenheit bedeutet dabei ergebnisoffen, prozessoffen zu sein. Auch Interoperabilität, offene Standards und der Einbezug von internem und externem Wissen gehören dazu. Offenheit muss generell übertragbar und anwendbar sein – darf kein Standortvorteil nur für wenige Kommunen bleiben, die sich schon aufgemacht haben.

Insbesondere dazu sprach Franz-Reinhard Habbel, Autor und ehemaliger Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Mein Lieblingszitat von ihm lautet: „Zukunft beginnt vor Ort“. Man kann es gar nicht oft genug wiederholen. Habbel mahnte dafür eine Willkommenskultur für Innovationen an.

Kommunale Open Government Konferenz in Köln am Dienstag, 4. Septmber 2018.

Wir waren auch praktisch unterwegs: Auf unserem Markt der Möglichkeiten zeigten die 23 Aussteller ihre Anwendungen: Lemgo Digital etwa stellt ein Projekt vor, wie eine Stadt das Internet der Dinge gemeinsam mit der Bürgerschaft als Alltagsexperten entwickelt und in den Handlungsfeldern Mobilität, Einzelhandel und Umwelt unterwegs ist. Oder es wird der Chatbot vorgestellt, also die künstliche Intelligenz, die rund um die Uhr mit den Bürgern kommunizieren kann und Verwaltungsdienstleistungen jederzeit abrufbar macht. Die Aktiven aus Dortmund zeigen die Vorteile von Open Source auf. Wir zeigen aber auch etwa mit „Politik bei uns“, wie sich politische Entscheidungen ganz konkret vor Ort auswirken, direkt im eigenen Quartier. Und klar sind auch Jugendliche an Bord, die mit „Jugend hackt“ zeigen, wie Jugendliche mit Code ihre Stadt gestalten.

Was die einzelnen Marktteilnehmer im Einzelnen in ihren Projekten bewegen, kann man nochmal in unserer kleinen Broschüre dazu nachlesen: Spaziergang durch die offene, digitale Kommune als pdf. 

 

 

Wer steckt hinter dem Netzwerk OffeneKommunen.NRW Institut e.V. ?

Wir sind das Netzwerk „OffeneKommunen.NRW Institut e.V.“ – Der Verein setzt sich dafür ein, den Prozess der Offenheit, Zusammenarbeit und Transparenz auf landespolitischer und kommunaler Ebene in NRW voranzubringen und zu gestalten. Wir sind eine zivilgesellschaftliche Initiative, die zeigt, dass durch Offenheit positive Veränderung möglich ist.

Unterstützt wurden wir bei der 1. Kommunalen Open Government Konferenz NRW von den Städten Köln, Bonn und Düsseldorf sowie von den Rechenzentren kdvz, civitech und regio IT. Auch die Geschäftsstelle Open.NRW unterstützte uns. Diese Konstellation ist neu, denn es sind damit ganz unterschiedliche Akteure an Bord, die sich gemeinsam für Open Government stark machen. Ein gelungenes Beispiel also auch für neue Formen der Koproduktion und Kooperation. 

 

 

Die Konferenz findet jetzt statt, weil wir die Übertragbarkeit von „Open“ auf alle Kommunen ermöglichen wollen. Im zu Ende gegangenen Pilotprojekt Kommunales Open Government in NRW haben die Projektkommunen gute, innovative Wege aufgezeigt, wie Transparenz, Partizipation und Zusammenarbeit durch offenes Verwaltungshandeln praktisch umgesetzt werden können. Jetzt muss daran gearbeitet werden, die Ideen und Erkenntnisse aus den Projektkommunen in die Fläche zu tragen, Synergien zu nutzen und Open Government zu gelebter Praxis in NRW zu machen. Bei den jetzt angelaufenden Förderprojekten „Digitale Modellkommunen“ spielt der Gedanke der Offenheit noch eine viel zu geringe Rolle, obwohl doch dort Lösungen entwickelt werden sollen, die die anderen Kommunen später nachmachen können. Hier muss dringend nachgebessert werden. Was wir brauchen sind offene Prozesse, Open Source-Lösungen, gemeinsam nutzbare offene Infrastrukturen und generell eine Kultur der Offenheit von der alle profitieren.

Auch der CIO des Landes war präsent, im Gepäck hatte er das Angebot einer eigenen Session:

 

Wir haben das Barcamp in Teilen gestreamt, danke an @GunnarSohn. Man kann es sich hier ansehen, nebst Eröffnung und einigen Interviews, u.a. mit dem Staatssekretär Christoph Dammermann und auch mit Franz-Reinhard Habbel. Hier geht´s zum CIOKurator mit den Bewegtbildern.

Gunnar Sohn streamt.

Was kann jeder selbst für mehr Open Government in seiner Stadt oder Gemeinde tun?

Eine Menge. Ein erster Schritt wäre immer der, sich umzusehen, was es alles schon gibt, wer gemeinsam netzwerken könnte. Wo es digitale Treiber gibt – vor allem in der eigenen Kommune. Man muss heute keine „Experten“ mehr aus Berlin anreisen lassen – die gibt es in NRW schon. Die Kommunen finden diese Kreativen in den eigenen Reihen. Es braucht dazu auch nicht die große PR-Maschinerie oder den ganz großen Gesamtwurf. Es reicht schon, wenn es Entwicklungen gibt, die klein sind und funktionieren. Und am besten noch geerdet und entwickelt sind gemeinsam mit den Menschen vor Ort. Die Open-Data-Community hat da schon einige tragfähige Angebote zu machen. Etwa mit der Luftdatenmessung in Bürgerhand – mein Lieblingsbeispiel. Eine Notwendigkeit, die viele Menschen in ihren Städten und Gemeinden umtreibt: Wie hoch ist die Luftverschmutzung bei uns vor Ort – oder was ist alles in unserem Wasser enthalten? Die selbst erhobenen und im Netz visualisierten Daten erzeugen politischen Handlungsdruck, der bislang für unmöglich gehalten wurde, etwa für Fahrverbote. Oder auch ganz basal: Wie kann ich unseren Haushalt visualisieren und damit bildhaft und verständlicher zeigen, für was das kommunale Geld ausgegeben wird. Der Einstieg ist in jeder Gemeinschaft einfach. Es braucht allerdings den politischen Willen dazu – da hakt es leider oft. Wir machen aber Mut mit der #KOGK in Köln und zeigen, wie es gehen könnte, eine offene digitale Stadt zu werden.

Und ein Versprechen können wir glaube ich schon jetzt geben: Wir machen 2019 eine nächste Runde…

 

Kommunale Open Government Konferenz: Damian Paderta, Dieter Hofmann, Karl-Matthias Pick, Dr. Anke Knopp, Dr. Tobias Siebenlist. Es fehlen Panagiotis Paschalis und Dr. Agnes Mainka.

Die Fotos sind von Roberto Pfeil – wir dürfen sie frei verwenden – danke dafür.

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