Update 1: Eine Antwort der Sparkasse Gütersloh ist eingegangen. Ich hatte um eine Einschätzung auf die Testphase der EZB zu digitalem Geld gebeten. (s.u.)
Im Antwortschreiben wird auf die „Standpunkte der Chefvolkswirte“ der Finanzgruppe Deutscher Sparkassen- und Giroverband verwiesen – deren Auffassung zur Einführung eines digitalen Zentralbankgeldes (Central Bank Digital Currency, CBDC) vom 19.2.2020 geteilt werde.
Ich habe ein paar der Aussagen aus dem neun Seiten umfassenden Papier hier eingefügt – die mir als roter Faden für eine möglichst frühzeitige Diskussion auch auf kommunaler Ebene für sinnvoll erscheinen. Denn: Sparkassen sind in der Regel öffentlich-rechtliche Universalbanken in kommunaler Trägerschaft (Wikipedia). Ihre Aufgabe ist es, breiten Bevölkerungsschichten Möglichkeiten zur Geldanlage anzubieten, den Zahlungsverkehr durchzuführen und Kreditbedürfnisse der Kunden zu befriedigen, sowie auch den Sparsinn der Bevölkerung zu pflegen und den bargeldlosen Zahlungsverkehr zu fördern. (Wikipedia) Sie sind zudem dem Gemeinnützigkeitsprinzip verpflichtet.
Damit betreffen Veränderungen wie durch die Einführung von digitalem Zentralbankgeld Sparkassen in besonderem Maße.
Im Antwortschreiben heißt es, die Sparkasse verfolge die Entwicklungen sehr genau. Man möchte sich aktuell nicht zu den
möglichen Auswirkungen, Chancen auch Risiken äußern. Eine Beurteilung für die Auswirkungen vor Ort wäre zum derzeitigen Zeitpunkt auch rein spekulativ. Verunsicherung solle vermieden werden, heißt es weiter.
Folgende Aussagen sind einzelne Ausschnitte aus komplexen Textpassagen und stammen allesamt aus obiger Publikation:
„Wird durch eine direkte Ausgabe von digitalem Zentralbankgeld an die Bürger die traditionelle Geldschöpfung des Bankensystems übergangen bzw. umgangen, kann dies gravierende Auswirkungen auf die Finanzstabi- lität, die Funktionsfähigkeit und die Effizienz des Bankensystems haben.“
„Allerdings besteht die Gefahr, dass die EZB mit der Diskussion und möglichen Einführung eines digitalen Zentralbankgeldes die expansiven Möglichkeiten ihrer Geldpolitik weiter ausdehnen könnte. So zeigen Dis- kussionen über weiter vertiefte Käufe von Unternehmenskrediten oder gar Aktien bis dahin, den Bürgern Geld über Kryptoassets ohne Gegenleistung zur Verfügung zu stellen (Helikoptermoney), in welchen Grenzbereiche sich die Geldpolitik bewegt hat.
„Was bedeutet CBDC für Bürger und Unternehmen?
Eine digitale Form von Bargeld, die ähnliche Annehmlichkeiten wie ein herkömmliches Bankkonto bietet, tritt automatisch in Konkurrenz zu De- positen. Denn für den einzelnen Sparer bietet CBDC einen entscheidenden Vorteil: das gesparte Geld ist Zentralbankgeld und nicht Bankengeld, d.h. eine Zentralbank garantiert vollumfänglich die Sicherheit des Geldes. Ins- besondere bei Finanzkrisen dürfte diese zusätzliche Sicherheit eine große Rolle für Kunden spielen, da trotz der vorhandenen Sicherungssysteme immer Restzweifel an der Stabilität des Bankensystems bestehen dürften. Dies könnte zu zweierlei Konsequenzen führen: Erstens könnten Haushal- te und Firmen ihre Einlagen bei Banken zugunsten von CBDC reduzieren und zweitens in Zeiten finanzieller Unsicherheit Einlagen in größerem Umfang bei Banken abziehen und “sicher” bei der Zentralbank parken.“
„Der erste Effekt wird als Disintermediation bezeichnet. Unter Disinterme- diation versteht man die Auflösung der Vermittlerfunktion von Geschäfts- banken und Sparkassen zwischen den Zentralbanken und den Bürgern sowie Unternehmen. Letztlich verlängert sich die Bilanz der Zentralbank auf Kosten einer Bilanzverkürzung bei den Geschäftsbanken.“
„Der zweite Effekt ist als Bank Run bekannt. Spannungen im Finanzsektor, wie beispielsweise eine drohende Bankenpleite, würden Akteure dazu animieren, ihre Einlagen so schnell wie möglich von risikobehaftetem Bankengeld in Zentralbankgeld umzutauschen. Ein solches Verhalten würde dazu führen, dass den ohnehin schon angeschlagenen Banken zusätzlich Liquidität entzogen und damit eine Zahlungsunfähigkeit wahrscheinlicher wird. Obwohl es selbstverständlich auch ohne CBDC zu Bank Runs kommen könnte, dürften diese mit digitalem Zentralbankgeld deutlich heftiger ausfallen: so können Anleger problemlos von zu Hause aus ihr Geld eintauschen und müssen sich dabei auch keine Gedanken über die Aufbewahrung und die Sicherheit ihres Geldes machen, da der Betrag einfach digital von einem ins andere Konto verschoben wird.“
„Ein zweistufiges System könnte sich auch zwischen EZB und den Ge- schäftsbanken ergeben. So scheint die EZB kein Interesse daran zu haben, die Zahlungsabwicklung mit CBDC selbst vorzunehmen und die kryp- tografischen Schlüssel für die Haushalte zu verwahren. Diese Aufgaben könnten in Zukunft Banken übernehmen bzw. übernehmen müssen (wenn es regulatorisch erforderlich würde). Damit kommt der in Deutschland dieses Jahr eingeführten Kryptoverwahrlizenz eine zusätzliche Bedeutung zu. So könnte diese am Ende nicht nur zur Verwahrung von Bitcoin und
Co. notwendig sein, sondern gegebenenfalls auch für die Verwahrung von CBDC.“
Ich finde: Es wäre Zeit, über das Morgen von Sparkassen nachzudenken. Wie verändert sich ihr Dasein? Was verändert das Dasein als oftmals sehr großer Inhaber von Gebäuden an zentralen Plätzen und Zentren von Kommunen – müssen Sparkassen räumlich noch so groß sein, werden sie ihr breites Filialnetz behalten, sind diese Veränderungen noch kommunalpolitisch steuerbar? Fragen von breitem Interesse, finde ich. Und naheliegend.
ENDE des Updates
Seit Mitte Oktober testet die Europäische Zentralbank den digitalen Euro. Die EZB ist zuständig für die Verwaltung des Euro, die Gewährleistung der Preisstabilität und Umsetzung der Wirtschafts- und Währungspolitik der EU.
Ihr ist also besonders daran gelegen, den Anschluss an internationale Entwicklungen nicht zu verlieren – und trotz der immer stärkeren Verschiebung von Geld und Währungen ins Digitale, die Kontrolle zu behalten. Ein schwieriges Thema, wenn man bedenkt, dass vielfach die Blockchain-Technologie dahinter steht, die in ihrem eigentlich Ursprung für Dezentralität steht und die Kontrolle auf Viele verlegt. Zudem ist sie angetreten (und auch in der Lage) ganze Geschäftszweige abzuhängen: niemand braucht mehr eine Bank als Zwischenstation.
Wir wissen zudem: Geld und Banken leben vom Vertrauen. Wenn nun immer mehr Menschen ins Digitale wechseln, braucht es Konzepte auch in diesem Raum, die Vertrauen in digitale Währung schaffen. Ein so großer Player wie die EZB muss also Know-how aufbauen und mitspielen können, ohne Vertrauen zu verspielen. Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist eine der wichtigsten Voraussetzung für das Gelingen – mehr und mehr Menschen aber nutzen diese digitale Form.
In einer Pressemeldung der EZB heißt es:
„Der Euro gehört den Europäerinnen und Europäern. Die EZB ist die Hüterin der gemeinsamen Währung“, sagte die EZB-Präsidentin Christine Lagarde. „Die Menschen in Europa bezahlen, sparen und investieren immer häufiger auf elektronischem Weg. Unsere Aufgabe ist es, das Vertrauen in unsere Währung zu sichern. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass der Euro für das digitale Zeitalter gerüstet ist. Wir sollten darauf vorbereitet sein, einen digitalen Euro einzuführen, sollte dies erforderlich werden.“
(Quelle: EZB Presse vom 2.10.2020)
Ein digitaler Euro wäre ähnlich dem eines Bitcoin. Mit dem Unterschied, dass die EZB die Kontrolle behalten würde. Probleme wären immer noch die Finanzstabilität, der Verbraucherschutz – und was auch stets auftaucht in der Argumentation ist die Angst vor Geldwäsche und Finanzierung von Terror.
Gedacht ist, dass diese neue Form eine Ergänzung zu „Geld“ sein wird, kein Ersatz. Der EZB-Rat hat jedoch noch keinen Beschluss über die Einführung eines digitalen Euro gefasst. Daher läuft derzeit die Testphase.
Wer also einen Test macht, braucht konkrete Rückmeldungen dazu: Wie kann man den digitalen Euro einführen und was sagen die Beteiligten dazu, also auch wir Bürger, die das künftig nutzen sollen.
Panetta: The value of money is rooted in citizens’ trust, and acceptance by the public is crucial. We are seeking feedback on the design and social issues surrounding the potential introduction of a digital euro https://t.co/RiwOCers68 https://t.co/Ukdd5Hye6H
— European Central Bank (@ecb) October 12, 2020
Die EZB hat daher ein öffentliches Konsultationsverfahren eingerichtet, das seit gestern aktiv ist.
The value of money – in both physical an digital forms – is rooted in citizens´trust. Accepance by the public ist crucial. For this reason, today we are launching our public consultation. We are seeking feedback on the design an on the financial and social issues surrounding the possible introduction of a digital euro.
We welcome everyone´s views: citzens, merchants, the-non-financial sector, professionals from the financial industry, technology companies, and academics. We encourage everyone to take part.
Quelle: Fabio Panetta, Member of the Executive Board of the ECB, ECON Committee of European Parliament, 12.10.2020)
Bis Mitte 2021 soll ein Konzept vorliegen, mit konkreten Merkmalen und Definition eines digitalen Euro.
Hier geht es zur Teilnahme an der Konsultation.
Aus diesem Grund habe ich die heimische Sparkasse in Gütersloh gefragt, ob dieser Test der EZB mit dem digitalen Euro auch Auswirkungen auf die Kommune hat, dies als kommunales Kreditinstitut – und ob sich daraus auch neue Geschäftsfelder für die Sparkasse ergeben. Die Antwort steht noch aus.