Real und virtuell – der neue Cocktail Pokémon Go

Der Hype um „Pokémon Go“ freut mich. Millionen Menschen erleben, was mit Augmented Reality alles möglich ist. Die reale Welt verschmilzt mit der virutellen Welt. Das kann sogar Spaß machen. Und offenbar versteht das jeder Spieler in Windeseile ohne sich lange den Kopf zerbrechen zu müssen.

Augmented Reality (AR) bedeutet die computergestützte Erweiterung der Realitätswahrnehmung, davon ist schon viel und oft die Rede gewesen, aber den richtigen Sprung in die Mitte der Wahrnehmung hat dieses Phänomen bisher nicht geschafft. Mit Pokémon Go ist das zumindest gelungen – und dürfte damit der Wegbereiter sein für sehr viel mehr.

real und virtuell verschmelzen
real und virtuell verschmelzen

Die Verschmelzung der realen und virtuellen Welt mit diesem spielerischen Ansatz setzt ganz neue Maßstäbe. Es entsteht eine ganz neue Dimension von Mensch-Raum-Interaktion, die auch noch in Echtzeit stattfindet. Die simple Theorie über diese erweiterte Wirklichkeit könnte kaum bunter und praktischer in unserer Welt in Szene gesetzt werden als mit diesen animierten Comic-Figuren. Die es übrigens schon seit Jahren im Print auf Spielkarten gibt , die aber bereits verstaubt in den Regalen der Kinderzimmer lagen. In dem Remake stehen reale und virtuelle Objekte 3-dimensional in Bezug – und setzen schon mal auch die Gesetze der realen Welt außer Kraft, an die wir uns im öffentlichen Raum gewöhnt haben: Spieler, die sonst eher in ihrem Kämmerchen verschwunden sind, laufen seit ein paar Wochen sichtbar durch die Gegend, schauen jetzt noch mehr aufs Smart und behindern schon mal den Alltagsfluss der Mobilität. Weil sie überall herumstehen und „Dinge“ fangen, weil sie plötzlich überall auftauchen, teilweise in Scharen. Das wirft Fragen auf und lässt Kritik aufkommen.

Einen sehr aufschlussreichen Artikel fand ich gestern dazu auf piqd, empfohlen von Christian Huberts, der u.a. die Frage aufwirft, wem der öffentliche Raum eigentlich gehört, wenn er virtuell wird. Ist es „erlaubt“ Pokémon an Orten zu platzieren, die besonderes Taktgefühl verlangen – oder aber privat sind oder noch besser werksgeschützt?

Viele Städte profitieren von dem Hype, weil ihre gesamte reale Welt sich plötzlich in der virtuellen Welt wiederfindet. Pokémons verstecken sich egal wo (naja, sie sind programmiert), plötzlich tauchen sie in der Umgebung auf. Manche Städte dürfen sich sogar darüber freuen, dass hier ein ganz seltenes Monster auftaucht, welches jede Menge Trainier nach sich zieht, die es fangen wollen. Ein kleines Schauspiel, wie so etwas dann in einer Stadt mal aussehen kann, findet sich in einem Videobeitrag vom Telegraph: „Pokemon Go players go mad as rare Pokemon appears in park“ 

Leider ist auch feststellbar, dass Städte, also der urbane Raum an sich, in dem Spiel klar im Vorteil sind. Hier tauchen fast an jeder Ecke Pokémon auf. Finden lassen sich die Viecher übrigens mit Pokémon Radar. Insbesondere die Sehenswürdigkeiten in den touristischen Zielen haben im wahrsten Sinne des Wortes leichtes Spiel. Natürlich ziehen sie die Spieler an und in ihren Bann. Sicherlich liegt es auch an der guten digitalen Infrastruktur, die man im Ballungsraum findet. In den ländlichen Räumen sieht es da schon schlechter aus. Abgehängt wird man hier schneller – und es tauchen auch nicht so viele Pokémon auf. Das langweilt. Leider.

Das wäre fast schon eine Marktlücke zur Belebung der ländlichen Räume und Regionen: im Stadtmarketing müsste man vermerken können, dass man in diesen abgelegenen Orten ganz besonders rare Wesen des Spiels finden und fangen kann. Wäre doch gelacht, wenn die Spieler dann nicht wie von Geisterhand getrieben in diesen Ecken der Nation auftauchen würden. Immerhin gibt es schon Angebote fürs Übernehmen durch Restaurantketten – warum dann nicht auch in schwachen Gebieten, die ein wenig Hype gut vertragen könnten.

Ja, der Datenschutz ist ein Thema. Auch der Hype ist an sich ein Thema. Mich aber fasziniert, wie plötzlich eine Technik mitten in der Gesellschaft auftaucht, die ganz spielerisch das Zeug dazu hat, die analoge Welt für ganze Momente aus den Angeln zu heben. Das schärft die Sinne für das, was uns die digitale Transformation noch bringen wird. Und es zeigt sich, dass es gut ist, die Diskussion darüber jetzt fortzuführen. In welcher Welt wollen wir leben – und wie wird die aussehen? Auf jeden Fall erweitert mit AR.

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