Stadtplanung – Ideen gefragt

Dieser Tage trudelte eine Anfrage von Studierenden im Masterstudiengang Stadtplanung der TU-Dortmund in den Rechner. Ideen für die Innenstadt meiner Heimatstadt Gütersloh seien gefragt. Nicht nur meine Ideen, es werden weitere Menschen aus der Bevölkerung angefragt – heißt es.

Im Rahmen des Masterprojekts mit dem Ziel, die Gütersloher Innenstadt
nach den Wünschen und Ideen der Bürger*innen zu verbessern, interessieren sich die anfragenden Studierenden für „Ihre Wünsche, Probleme und Visionen“. Interessante Methodenbeschreibung, wie die Teilnehmenden „gefunden“ wurden: „Bei unserer Recherche sind
wir auf Sie gestoßen und würden auch gerne Ihren Input berücksichtigen.“


Willkommen seien kreative und experimentelle Ideen!

Sie können gerne in Stichworten antworten oder auch gerne etwas weiter ausholen. Wir freuen uns auf ein Feedback jeglicher Art! Unsere Ergebnisse werden Anfang nächsten Jahres der Stadt Gütersloh zur Verfügung gestellt und sollen der zukünftigen Entwicklung der StadtGütersloh als Ideengeber und Inspiration dienen.

Quelle: Masterstudierende TU Dortmund

Auf meine schriftliche Anfrage im Rathaus Gütersloh hin hieß es: nichts. Bisher keine Antwort darauf. Natürlich ist es von Relevanz, wer solche Aufgaben vergibt, an welche Teile der Bevölkerung sie sich richten, wie die Auswahl der Antwortenden ist – und ist das repräsentativ? Ich bleibe dran.

Hier eine Auswahl meiner Antworten:

• Frage 1: Mit was identifizieren Sie die Gütersloher Innenstadt aktuell?

Zukunftsbilder fehlen, die die Bevölkerung vor Ort mitentwickelt hat. Wir haben bereits Studien und Gutachten externer Berater zuhauf in den Schubladen der Verwaltung liegen. Jedes Jahr kommt eine neue Kladde hinzu. Im Vergleich dazu passiert praktisch aber wenig.

Problematisch jedoch: Wenn ein Gönner eine Spende auf den Tisch legt, wird sofort umgestaltet. (Gehring-Spende für den Rathausvorplatz; Brunnen vor dem Theater). Es entsteht eine Schieflage in der Wahrnehmung, wer eigentlich Stadt gestaltet: Geld oder legitimierte Politik – oder die Bevölkerung insgesamt? Zudem wird in der öffentlichen Wahrnehmung missachtet, dass oftmals öffentliche Födergelder hinzu kommen, die alle Steuerzahler insgesamt bezahlt haben. Das Verhältnis zwischen Partikularinteressen und Gemeinwohl gilt es ausgewogen zu halten.

Fehlen eines interdisziplinären Zusammenarbeitens der einzelnen Fachbereiche in der Verwaltung, wenn es um Gestaltung geht: Daten über sozioökonomische Prozesse gekoppelt mit Daten aus dem Hochbau, Tiefbau etc., die Erkenntnisse ermöglichen würden.

Wir brauchen eine intelligent Umgebung, also Smarte City = dies aber nicht nur technisch, sondern auch ökologisch und sozial gedacht. Bisher ist dies simple PR.

Wird die Innenstadt einen digitalen Zwilling haben (können)? Also ein Abbild vom Realen in der digitalen Welt: Ansichten, Stadtspaziergänge, Geschäfte und ihre Angebote, virtuelle Shoppingrundgänge in real existierenden Geschäften; Bürgerportal als virtueller Zwilling zum Angebot im Rathaus? etc.

Fehlendes Aufbrechen von Pfadabhängigkeiten in der Transformation = wie etwa in Städten, die traditionell „wirken“ Beispiel: „Haben wir immer schon so gemacht, warum jetzt was ändern?“ Problem, dass „Innenstadt“ schon seit Jahrzehnten so gedacht wurde wie immer.

Interdependenz und Korrespondenz zwischen der „Innenstadt“ und der bisher vernachlässigten Außenbezirken ist nicht beleuchtet: Migration, Integration = sie findet eigentlich in den Randgebieten statt, zeigt sich aber punktuell auch auf den zentralen Innenstadtplätzen. Hier latenter Rassismus in Vorwürfen wie „Hier sitzen auf den Bänken nur „schwarze Köpfe und ihre Kinder“. Großes Problem, wird leider nicht thematisiert. Ist aber gefährlich, denn mittlerweile sitzen Vertreter der AfD im Rat und werden solche Umstände thematisieren. Diese Diskussion bitte nicht den Faschos überlassen. (Siehe Problemviertel Blankenhagen; Holzheide mit der Erweiterung um weitere Flüchtlingsheime) Ziel sollte es sein = Teilhabe; Integrationskraft; soziale Ungleichheit ansprechen.

• Frage 2: Mit was würden Sie gerne die Gütersloher Innenstadt in Zukunft identifizieren?

Hier vor allem unser Verweis von Demokratie wagen“ auf die Einsetzung eines Bürgerrates durch geloste Mitglieder. Ein hervorragendes Handwerkszeug, um die Bevölkerung neu anzusprechen und einen fairen Ausgleich von Interessen in der Innenstadt anzustreben.

Neue Planung ergeben also neue Chancen im Denken. Wir brauchen Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Der Prozess des Wandels ist nicht abgeschlossen, sondern setzt sich fort. Vielleicht sogar noch beschleunigter. In der Pandemie haben wir auf soziale Kontakte verzichten gelernt. Künftige Szenarien einer Innenstadtentwicklung müssen mitdenken: Was, wenn künftig Wasser knapper wird? Was, wenn Bargeld gänzlich als Zahlungsmittel verschwindet? Was, wenn Informationszentren gebraucht werden, um in weiteren Krisen die Information und Kommunikation mit der Bevölkerung sicherstellen müssen?

Wie wäre es mit der Anwendung des Doughnut-Modell ?

Management von Demografie in der Innenstadt durch stärkere Nutzung von Daten. Kompetenz in der Visualisierung von Daten ausbauen = Entwicklungen und Muster frühzeitig erkennen lernen. (Wohnbevölkerung in der Innenstadt altert – was tun? Umzugsideen, Wohnungstausch? Verkleinerung von Wohnungen? WGs?)

Transparenz in der Frage: Wem gehört die „Innenstadt“? = In den letzten Jahren scheint die Anzahl der Besitzer von Immobilien und Grund und Boden auf wenige Akteure geschrumpft zu sein – Tendenz steigend. (Akteure Architekten, Investoren, Volksbank)

Neue Bauweisen ausprobieren: Begrünung von Fassaden, Abrücken von Zement (als CO2- Schleuder), Photovoltaik flächendeckend, Dachbegrünung.

Innenstadt ist der Ort, wo sich politische Meinungen Gehör verschaffen: Einerseits hier Gefahr von Populismus, der genau an zentralen Plätzen wiederum zum Ausdruck kommt: Wo wird demonstriert? In der Innenstadt – der Ort der politischen Meinungsbildung, oft vor „Karstadt“ und / oder Rathaus und / oder vor der Stadthalle. Orte der Begegnung und Meinungsäußerung schaffen. Speakers Corner auf dem Rathaus-Platz wäre wunderbar, Schaffung einer Kultur des Dialogs. Etwa als festes Format.

Identifizierung von „Besonderheit“ und „Identität“ der Stadt wird immer schwerer. Was gibt es noch für „Eigenart“ in der Innenstadt, wenn Häuser immer universeller werden? Oder auch Geschäfte nur noch „Ketten“ abbilden?

Identifikation der Bevölkerung mit ihrer Stadt findet mittlerweile einen digitalen Zwilling im Internet, die Menschen leben zwei Leben, eines analog, eines digital. In der Realität ist Verankerung konkreter Art vor Ort also nochmal deutlich wichtiger. Reale Räume versus (oder besser komplementär) zu virtuellen Räumen.

Plätze ohne Konsumzwang schaffen, mit Begrünung. Bänken, Orte der Begegnungen. Offene Stadt.

Schaffung neuer Konzepte für Wohnen. Etwa Mehrgenerationenwohnen anstatt weitere Altenheime. Dazu braucht es KI und digitale Kompetenz. Und den Einbezug der Anbieter von „Pflege“ etc.

Gut wären Konzepte Smart City mit Sensoren = Luftmessung / Feinstaub / Lärm / Frischluft und Baumbestand (Zustand erfasst in öffentlichem Kataster)

Innenstadt als Ort, der zunehmenden Einsamkeit zu entgehen (Ansteigende Zahl von Single-Haushalten) – Orte der Kommunikation (Kirche als Anbieter?) (VHS als Anbieter?) Ausweitung des Programms der Stadtbibliothek.

Reduzierung der Friedrich-Ebert-Straße als einschneidendes Element auf jeweils eine Fahrbahn vom Ring bis zum Tunnel – und ladet niederländische Straßen-Gestalter dazu ein, etwa vor dem Hintergrund der gerade verstärkten Zusammenarbeit der NL und NRW- Regierung.

WLAN-Flächendeckend.
LoRaWan-Netze nutzen (Feuerwehr) (Denkmalschutz) etc.

Belebung durch Studierende – diese bitte nicht in die Kaserne verschieben, so werden und bleiben sie unsichtbar

vollständige Sperrung für Autos

Szenarienwerkstatt: wie sehen die Bürger ihre Innenstadt und auch neue Definition von „Innenstadt“ – was trägt in die Zukunft?

Mehr Aspekte aus den Erfahrungen „Soziale Stadt“ integrieren, sichtbar machen, weiter entwickeln. Was machen eigentlich die Sozialraum-AGs und wie verhalten sie sich in Relation zur Innenstadt? Bisher nur Diskussionen in den Fachausschüssen.

Veränderung von Arbeit adressieren: Homeoffice und Co-Working als neue Formen ohne Büroanbindung vor Ort in den Firmen – aber als Chance für die Innenstadt?

Innenstadt: Gestaltungskompetenz von Politik und Verwaltung stärken. Wo liegen ihre Werkzeuge zur Gestaltung? Wie sieht das Budget aus? Wie transparent ist der Vorgang der Gestaltung? Wie partizipativ sind Politik und Verwaltung in Bezug auf Teilhabe der Zivilgesellschaft? Regeln und Kriterien fehlen.

Wer herrscht denn in der Innenstadt? Es sind nicht nur Politik und Verwaltung, sondern auch viele weitere Akteure, die nicht auf den ersten Blick erkennbar sind: Institutionen, Organisationen, wie etwa die ISG Berliner Straße, Kirche, Ladenketten, Hauseigentümer, Investoren, Sparkasse etc. Die gehören alle sichtbar gemacht – vor allem die Interessen.

Mobilität: Einstieg in die Verkehrswende mit einfachen Mitteln: Radwege sichtbar und attraktiv gestalten; Abstellmöglichkeiten von Rädern verbessern. Nicht erst warten auf das ganz große Konzept. Beginnen.

Neue Definition von Lebensqualität: wie hoch ist der Stellenwert von „Shopping“ in der Innenstadt – muss im Zentrum immer „Geld verdient“ werden? Neue Konzepte sind gefragt.

Identifizieren und Einbindung von Veränderern / Finden von Zivilgesellschaft als neuer Akteur in der Entwicklung von Innenstädten (Coder, Maker-Bewegung, Entwickler; Stadtvisionäre) – zu wenig Vielfalt in den Reihen der Entscheider. Co-Creative Prozesse.

Aufbau einer Experimentierkultur, Reallabore des Wandels mit Konzepten, Wissenschaftsbezug, Akteuren, Transparenz, Teilhabe. Scheitern erlauben. Und bitte auch die Neidtradition beerdigen. Wer eine gute Idee hat, dem sei sie gegönnt. Kulturwandel in der Politik.

Ausschreibungen für die Stadtentwicklung müssen grundsätzlich die Kriterien für Nachhaltigkeit beinhalten. (Gewinnung von Rohstoffen, Herstellung, Transport etc.)

• Frage 3: Wie könnte man Ihrer Meinung nach die Räumlichkeiten in der Innenstadt jenseits von Konsum nutzen?

  • Räume zum Kennenlernen digitaler Welten und Partizipation. Wie etwa das Verschwörhaus in Ulm.
  • Bildet einen Bürgerrat.
  • Räume für Dialog, Begegnung und Austausch. Noch mehr Ausstellungsfläche für Kunst – und auch heimische Künstler.
  • Räume für ein GüterslohLAB – wie etwa Johanna Schäfer es in Bonn mit dem BonnLAB gegründet hat.
  • Bringt ProWirtschaft GT in die Innenstadt – und versteckt es nicht auf dem Gelände des LWL.
  • Eine öffentliche Bühne gehört ins Stadtzentrum – die immer da ist und für jeden nutzbar ist (Musik, Performance etc.) Nutzen der kulturellen Vielfalt im öffentlichen Raum.
  • Büro für Gleichstellungsbeauftragte sollte direkt in der Innenstadt sein und nicht im Rathaus.
  • Der Ratssaal von Gütersloh gehört sichtbar ins Erdgeschoss – dazu könnte die Fläche unten im Rathauseingang genutzt werden!
  • Auch das Büro der Kulturräume gehört direkt ins Zentrum. Leitet die DALKE als heimischen Fluss mehr ins Zentrum.

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