Vier Kastanien machen den Unterschied

Es war ein Flashmob. Erhaltet die vier Kastanien vor dem Rathaus! – war das Ziel.

Organisiert wurde das Treffen als „Flashmob“ über das Netz: Erhaltet die 4 Kastanien vor dem Rathaus! Aufgerufen hatte der GNU Gütersloh.

Für eine Stadt, die sich jahrzehntelang mit dem Zusatz „Stadt im Grünen“ schmückte und schmückt, geht es mittlerweile sehr häufig um den Mitbewohner Baum. Immer geht es ihm an den Kragen. Auch für den geplanten Ausbau der B 61 steht eine ganze Allee zur möglichen Disposition. In Zeiten des krassen Klimanotstandes in der globalen Welt zählt auch mittlerweile jeder Baum vor Ort – und mag er noch so klein und bescheiden sein. Daher kann man einzelne Aktionen zum Erhalt der Bäume aus der Bevölkerung gar nicht genug loben.

Um Punkt 13 standen rund 60 Gütersloher Bürgerinnen und Bürger bereit, um für den Erhalt der vier Kastanien vor dem Rathaus zu protestieren. Die Bäume sollen weichen, weil Parkplätze entstehen und die Bäume der Überplanung im Wege stehen. Den Grund für ihre Fällung hatte Stadtbaurätin Nina Herrling bereits im letzten Jahr geliefert: „Die Bäume sind krank.“ Die politischen Fraktionen im Rat hatten zugestimmt.
Jetzt heißt es von Fachbereichsleiter Grünflächen der Stadt, Dirk Buddenberg, die Bäume seien nicht krank. Kategoriesiert wurden sie zwar mit der Note drei und vier – sie weisen also kleineren, üblichen Schäden auf, wie Verletzungen am Stammfuß und Astungswunden, aber sie weisen keine wesentlichen Beeinträchtigungen auf. Dem Fällen zugestimmt hatte der Fachbereich, weil die Kastanien in eine schwere Zukunft blicken: neben der verpesteten Innenstadtluft sei die Kastanienminiermotte langfristig eine Bedrohung, das Pflanzen von neuen Bäumen sei perspektivisch nachhaltiger.
 
Neben der GNU, die den Flashmob organisiert haben, waren auch Vertreter zahlreicher Initiativen vor Ort: Energiewende, Bündnis 90/Grüne, Demokratie wagen, Parents for Future, BUND, Linke und viele Interessierte. 
 
„Was schert ihr euch um vier Bäume – der Klimawandel ist viel größer!“ – Aber gerade mit jedem einzelnen Baum fängt das Umdenken an. „Jeder Baum zählt!“, sagte Angelika Daum vom Vorstand der GNU. 
 
Zahlreiche Plakate zeigten dann auch die Haltung der Protestierenden: Bäume Symbol des Lebens; Bäume pflegen nicht fällen; Bussystem verbessern statt Parkplätze bauen.
 
„Das Bussystem gehört verbessert – wir kämpfen seit Jahren dafür!“ – erklärte Daum. Eine autofreie Innenstadt wäre möglich – es ist eine Frage des Wollens. 
 
In der kommenden Woche wird es auf Antrag der Grünen im Planungsausschuss nochmal um das Fällen der Bäume gehen. Hoffentlich haben die Bagger bis dahin nicht schon Fakten geschaffen. 
 
Die Bevölkerung wird dann sehen, wie ernst es der Stadt mit dem gemeinsamen Antrag der Fraktionen zum Klimawandel aus dem letzten Jahr ist. Demnach soll jede Entscheidung unter dem Aspekt des Klimawandel betrachtet werden – das ist hier dringend nachzuholen. Ansonsten ist der Beschluss genau das, was er nicht sein wollte: ein simples Lippenbekenntnis und Symbolpolitik. Die vier Kastanien bilden den Lackmus-Test. 
 
Die Frage stellt sich anhand der vier Kastanien wiederholt, was Proteste auf der Straße im Rathaus überhaupt bewirken. Angesichts der fliehenden Zeit, die uns vom Kipppunkt noch trennt, bis eine Umkehr ausgeschlossen ist.  

 

 

 

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