In der letzten Woche fand die #sccon20 statt, die Smart Country Convention. Eine Veranstaltung des Branchenverbandes Bitkom und der Messe Berlin.
Normalerweise reist die Community dorthin. Normalerweise kosten die Tickets Eintritt. Corona-bedingt fand die Veranstaltung als virtuelle Kongressemesse für den Public Sector statt. Kostenlos. Im Fokus standen E-Governmente und Smart City, Digitale Souveränität, die neuesten Entwicklungen beim Onlinezugangsgesetz (OZG), Elektronische Identität und Cloud in der Verwaltung. Das Bundesinnenministerium als Schirmherr stellte seine Digitalisierungsstrategie vor. Auf den Bühnen der Smart Plaza oder im Digital Forum traten u.a. auf Heiko Maas und Dr. Markus Richter.
Die Deep Dive Sessions waren rein online: Hier wurden Lösungen für die Digitale Verwaltung sowie Anwender und Nutzungsbeispiele zum Thema E-Government präsentiert – die Referenten erschienen per Zoom. Viele bekannte Gesichter traten auf. (Und gewährten den mittlerweile gewohnten Einblick in die Bücheregale oder die eigens eingeblendeten Hintergründe, die manchmal merkwürdig spacig aussahen, wie mit Menschen aus einem anderen Universum.) Die #sccon20 war also ein kleines Fest auch für kleine Fische.
Open Data – gute Daten…
Es ist immer noch ein Thema und leider längst keine gängige Praxis: Ich war daher interessehalber eingeklickt in die Veranstaltung „gute Daten, gute Verwaltung“ – eine Studie der Hertie School Center for Digital Governance wurde vorgestellt von Polyteia und Faruk Tuncer.
Offene Daten sind noch lange keine Selbstverständlichkeit in den kommunalen Verwaltungen. Auch, wenn bereits ein langer Weg hinter uns liegt und jede Menge Erfahrung vorliegt. Mit GovData und auch der Bertelsmann Stiftung wurde sogar ein Musterdatenkatalog veröffentlicht. Gütersloh etwa als ehemalige Modellkommune E-Government hat bisher keinen einzigen Datensatz als offen deklariert. Dieter Rehfeld, GF der regio IT, also ein Unternehmen, an dem die Stadt GT beteiligt ist, war mit von der Diskussionspartie. Mit Aussagen wie: „Ist es wichtig, dass alle Daten open sind?“ und leichter Tendenz, den Daten lieber ein Preisschild umzuhängen. Ein etwas schräger Beitrag. Der mich dazu bringt, mal wieder die Frage zu stellen, wer eigentlich die wahren Bremser sind in der digitalen Transformation?
Wir sind auch nicht (mehr) vorn dabei, aber wenn ich OpenData mache, dann doch richtig. Ich fand diese angeschnittene „wer darf welche Daten haben“-Diskussion gerade irritierend. Wenn mir ein Unternehmen meine eigenen Daten verkaufen will, muss ich doch nicht darauf eingehen.
— Thomas Schäfer (@th0sch) October 27, 2020
Längst ist die Avantgarde der Städte unterwegs. Jetzt folgt das Ausbreiten in die Fläche. Die Stadt Solingen etwa ist da im Herangehen offen und experimenteller. Auch im Umgang mit ihren Lernprozessen, die sich ganz gut abbilden auf Solingen.digital. Hier gab es offenbar interne Veranstaltungen in der Verwaltung mit der Leistungsschau, was offene Daten sind und was alles „so geht“ mit ihrer Nutzung. Es ist also erfreulich, wenn sich immer mehr Kommunen auf den Weg machen und Erfahrungen sammeln. Aber es dauert….
Die Open-Data-Expertin Brigitte Lutz aus Wien kommentiert das eher praktisch: „Gehen Sie Kooperationen ein. Daten sind grenzenlos. Deutschland – Österreich. Sie zeigen das.“ Die Data-Strategie der Stadt Wien ist auch in dem Punkt wieder einmal ein Exportschlager: Data-Excellence Wien. Lesenswert! Nachmachen möglich.
OZG – wer steht wo?
Wie weit ist das Onlinezugangsgesetz (OZG) ?
Das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (Onlinezugangsgesetz – OZG) verpflichtet daher Bund, Länder und Kommunen, bis Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen über Verwaltungsportale auch digital anzubieten.
BMI
Wo stehen wir – eine Frage, die sich geradezu aufdrängt, denn wir haben schon Bergfest gefeiert bei der Aufgabe. Jetzt sind es noch ganze zwei Jahre, bis das auch überall kommunal umgesetzt worden sein sollte. Allerdings scheint es in den Kommunen der kleinen und mittleren Größe noch gar nicht angekommen zu sein.
Gefallen hat mir die Ansage von Markus Richter (Bundes CIO), dass es eine Karte geben werde, auf der ersichtlich sein wird, wer wo mit der Umsetzung des OZG steht. Gut so, dann kann das auch vor Ort ein Signal an die Öffentlichkeit sein, mal nachzuhaken, wo die eigene Kommune so steht. Er sprach auch von Kooperationen, die einzugehen seien im Wettstreit um die Konzepte. Ebenso wie von der Hierarchie der guten Ideen, in deren Folge Behördengänge künftig überflüssig werden.
Aber: Plötzlich sprechen wir im gleichen Atemzug auch schon wieder über „Prioritäten“ in der Umsetzung des OZG … also werden nicht alle Angebote umgesetzt. Nur die wichtigsten Dienstleistungen? Interessant ist das Video von Richter „3 Fragen, 3 Antworten zum OZG“.
In vielen der Sessions auf der #sccon20 zeigten sich Fortschritte in den Bemühungen um weitere Schritte in die Zukunft der digitalen Verwaltung. Aber: Es stellten sich immer noch die gleichen Fragen wie seit etlichen Jahren. Neben allen Bemühungen um Fortschritte oder auch Anschlusshalten an Staaten, die digital weiter sind als wir (sorry, aber in Estland waren nun schon Dreiviertel der Verantwortlichen aus Deutschland und kennen den Showroom und wie es gehen könnte) – doch es läuft immer noch schleppend in Deutschland – finde ich, die ich längere Zeit nicht auf diesen hippen Veranstaltungen vor Ort Gast war. Es überraschte mich wenig, was ich hörte. Weil ich viele Antworten schon so oft in gleicher Weise gehört habe – jahrelang.
Die Neuen im Amt…
Nun sind zumindest ab dem 1. November 2020 in NRW die neu gewählten BürgermeisterInnen im Amt – man darf gespannt sein, wie sie die Aufgabe der digitalen Transformation u.a. mit Open Data und OZG in den kommenden zwei Jahren meistern werden, denn ihre Amtszeit reicht bis 2025 – bis dahin sollten digitale Services der Verwaltung Normalität sein….
Wir bleiben nicht stehen…
Trotz der Langsamkeit bleibe ich optimistisch. Woran ich festmache, dass wir uns weiter wandeln werden? Die Antwort liegt für mich in einem alten Ölgemälde, das als Hommage an den ländlichen Raum bei mir an der Wand hängt:
So sah Landwirtschaft noch um die Jahrhundertwende und einige Jahre danach im ländlichen Raum aus.
Heute jedoch stellt sich Landwirtschaft im äußeren Erscheinungsbild so dar: hochtechnisiert. Menschen sind gar nicht mehr zu sehen.
Und dabei ist auch das Innere der Maschinen noch nicht einmal sichtbar, nämlich alles das, was sie digital zu leisten vermögen: GPS-gesteuerte Technik, Zusammenarbeit durch Sensoren, kameragesteuerte Überladeautomatik, Abfahrlogistik, vernetztes Arbeiten, ferngesteuert….
Diese Bilder beruhigen mich, es geht weiter in der Entwicklung. Auch irgendwann in den Verwaltungen …..