Wenn der Fiffi digital bellt

Wer kennt das nicht: Einen Augenblick nicht auf den Gehweg geachtet, und schon ist es passiert, der Tritt in die verdauten Hinterlassenschaften von Hunden klebt am Schuh. Weit und breit kein Rasen oder Sonstwas, an dem man den braunen stinkenden Scheiß abstreifen könnte. Und weit und breit kein Besitzer des Vierbeiners, den man dafür anschreien könnte. 

Ein Übel – in jeder Stadt bekannt. Digitale Haustiere helfen, dieses und weitere tierische Probleme künftig in den Griff zu bekommen.

hier kein Scheiß bitte Foto: J. Zimmermann

Digitale Haustiere machen keinen Dreck im herkömmlichen Sinne, sie fressen kein Hundefutter oder Gras. Sie brauchen stattdessen eine Batterie oder ein Ladekabel. In den Ferien nimmt man sie entweder im Koffer mit oder stellt sie bis zur Rückkehr ins Regal und schaltet sie einfach auf „Standby“ oder aus. 

Einer dieser intelligenten Roboter-Hunde mit LED-Augen und Stimmerkennung ist blau und weiß: Er reagiert mit passenden Geräuschen und Bewegungen auf Anweisungen wie „Sitz“ oder „Gib Pfötchen“. Mit dem knochenförmigen Befehlschip programmiert man seinen Namen – und das Tierding reagiert darauf. Der smarte Vierbeiner lernt über den Chip die Stimme seines Herrchens zu erkennen. Die passende App erlaubt die Überwachung seiner Entwicklung: Wachstum, Fitness, Zufriedenheit. Je mehr man sich ihm widmet und mit ihm spielt, desto mehr lernt er. Bekannt ist das Prinzip von „Tamagotchis“. Dass der Hund auch laufen und weglaufen kann, wird fast zur Nebensache.

Ähnliches existiert in Form einer Null-und-Eins-Plastik-Katze, nur eben ausgestattet mit ihren typischen Eigenheiten: Schnurren statt Bellen, Miauen statt Knurren. Auch sie reagiert auf Knopfdruck, ist digital programmiert und steuerbar. Lieferbar ist sie in pink.

Skurril wird es beim Kleinpferd, Pony genannt. Es ist eher unüblich im urbanen Raum ein Pferd zu halten. Digital geht das: Die Minicomputer sind an ihre Zielgruppe angepasst, meist rosa mit weißer Mähne. Anstelle von Hufen laufen sie auf riesigen Rollen, können Kindern folgen, sie tanzen und wiehern, wenn sie mit einem Apfel gefüttert werden möchten. Vorsicht nur, denn die Tiere können zwar nicht beißen, kratzen oder mit den Hufen schlagen – sie sammeln Daten ihrer Nutzer, die zurück zum Hersteller wandern. Was der damit anstellen kann, da kennt die Phantasie keine Grenzen. Eine tierische Nebenwirkung, gegen die bisher kein Pulver wirkt.

Die Knappheit von Natur und Auslaufmöglichkeiten in den Städten erzeugen den Markt für digitale Haustiere, weil der Mensch gerne einen Gefährten an seiner Seite weiß. Gleichzeitig wären damit die ewigen Probleme mit Hundescheiße, tragbaren Beuteln und Spendern für eben diese im öffentlichen Raum erledigt. Hundesteuer wandert als Anekdote ins Geschichtsbuch und Katzen brauchten auch nicht mehr durch eine städtische Satzung begründet sterilisiert zu werden, weil sie als Streuner ungewollt für zu viele Nachkommen sorgen. Tierheime wären entlastet und ständen nicht sommerjährlich vor der großen Frage, wie die ausgesetzten echten Tiere mit Würde aufgenommen werden könnten. Von Haltern, denen sie wirklich etwas bedeuten.

Für den Rest der digitalen Säugetiere gilt: Einfach Batterie raus oder Stecker ziehen. Und wenn das Tierding mal ganz seinen Geist aufgegeben hat – könnte man über die Einrichtung eines kommunalen Schreins wie in Japan nachdenken, der die smarten Vierbeiner-Seelen aufnimmt, daran hätten dann sogar noch Stadtplaner ihren Spaß.

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