Ein Dauerbrenner ist die Diskussion um eine flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet und auch freiem WLAN (insbesondere im öffentlichen und im ländlichen Raum). Ein Thema mit langer Geschichte, es flammt dieser Tage wieder vermehrt auf, weil schon die neue Mobilfunkgeneration an die Tür klopft: 5G. Aber halt, auch das ist bisher nur ein nächstes Im-Munde-führen von Möglichkeiten, ohne erkennbare Erdung außer in internationalen Testregionen.
Beim Blick auf den Ist-Zustand des Internetzugangs zeichnet sich immer noch ein sehr düsteres Bild in Deutschland: Kürzlich war ich zu Recherchezwecken unterwegs im ländlichen Raum – am Edersee in Hessen. Mittlerweile buche ich für Übernachtungen nicht nur ein Bett – sondern frage direkt nach WLAN, damit ich auch arbeiten kann. In Rehbach, zehn Meter von der Wasserkante entfernt buchte ich WLAN für einen Nutzungszeitraum von 24 Stunden zu einem Sensationspreis von 4.50 Euro. Erhältlich war der Zugang genau auf ein paar Meter beschränkt, direkt an der Straße, gegenüber dem Schiffshebewerk.
Ich konnte mich wahlweise auf einer weißen Zwei-Personen-Plastikbank oder auf zwei kippeligen Gartenstühlen aufhalten, maximaler Aktionsradius im Verrücken der Bestuhlung war begrenzt auf einen Meter nach links, einen Meter nach rechts. Oder gleich Zentimeter vorrücken, um dann auf der Straße zu sitzen. Von der Geschwindigkeit der Datenübertragung darf ich hier schweigen. Beim Verschicken und Empfangen war genug Zeit, den Bäumen beim Welken zuzusehen. Will sagen: Ein Land, welches zunehmend auf mobile Bürgerinnen und Bürger stößt, ein Land, welches Arbeit gerade neu definiert und ortsungebunden begreift, ist diese Realität keine gute Ausgangslage für eine digitale Veränderung.
Die WLAN-Flaute der Nation nimmt der Entwicklung und Entfaltung der digitalen Chancen den Wind aus den Segeln.
Aktuelle Zahlen finden sich in der BREKO Breitbandstudie 2018: „Das im Festnetz übertragene Datenvolumen hat sich von 28 Milliarden Gigabyte (GB) im Jahr 2016 auf 33 Milliarden GB im Jahr 2017 erhöht. Pro Anschluss und Monat stieg das Datenvolumen von 60 GB auf 80 GB. Die mobile Datennutzung findet dabei auch weiterhin zu großen Teilen in WLAN-Netzen statt: Bei Smartphones liegt der Anteil bei rund 70 Prozent, bei der Nutzung von Tablets sind es sogar rund 95 Prozent. Zukunftssichere, flächendeckend verfügbare Glasfaseranschlüsse bis in alle Gebäude Deutschlands stellen also nicht nur die wichtige Basis für eine leistungsfähige Breitbandversorgung per Mobilfunk – insbesondere relevant für den kommenden Mobilfunk-Standard 5G – dar, sondern beschleunigen das mobile Surfen per Smartphone, Tablet noch einmal deutlich durch die Verfügbarkeit schneller WLAN-Hotspots.“
Und das schmerzliche Vermissen von schnellem Netz geht nicht nur mir so. Die ich ja seit Jahren darüber ungehalten kommuniziere. Hier ein kleines Potpurri aus den Jammerparaden zu fehlendem Netz in den letzten Tagen:
Hier mal eine aktuelle Karte zum #Glasfaser-Ausbaustatus in der @BundesstadtBonn – der Stadt, in der die @telekom Konzernzentrale steht. An den rot umkreisten Stellen steht Glasfaser zur Verfügung. pic.twitter.com/raWy1pzE1N
— Thomas Langkabel ? (@tlangkabel) 25. September 2018
Und nochmal NRW
Mit dem #ICE durchs Ruhrgebiet. Immer wieder erscheint im größten Ballungsraum des Landes „Kein Netz“ im Display.
In solchen Momenten denke ich, dass mein gesamtes Tun rund um #Algorithmenethik & #KünstlicheIngelligenz sinnlos ist. „Macht doch mal fertich!“, wie man hier sagt.
— Tobias Knobloch (@tobiasknobloch) 22. September 2018
Und auch in Berlin, die Hauptstadt, die sich stets gerne als digital darstellt, klaffen Anspruch und Wirklichkeit auseinander. Hier ein Beispiel aus der Bildung: Berliner Berufsschulen sind vom Netz abgehängt – titelt die Berliner Morgenpost. Diesen Missstand formulierte die Leiterin des Oberstufenzentrums LOTIS (Logistik, Tourismus, Steuern). Im Rahmen eines Wirtschaftsfrühstücks der IHK beschrieb sie die aktuelle Situation so, dass 2.300 Schüler einen Anschluss nutzen, der auf einen 4-Personen-Haushalt ausgerichtet ist. Geld sei nicht das Problem, es werde nicht gebaut. Ihr Problem drang gleich in die richtigen Ohren: Bürgermeister Michael Müller kommentierte, er habe nicht gewusst, dass die Infrastruktur so schlecht sei… Solche und weitere Beispiele finden sich landauf- und landab.
Nur abschaffen vermag sie offenbar keiner?
Wir vernehmen ja dieser Tage im politischen Berlin sehr häufig, man wolle wieder zurückkehren zur Sacharbeit. Mein Vorschlag wäre dieser hier aus dem bestehenden Koalitionsvertrag von 2018 unter dem Kapitel „Digitalisierung“ auf Seite 37, Zeilen 1606 und 1607:
Dafür setzen wir uns anspruchsvolle Ziele: eine flächendeckende digitale Infrastruktur von Weltklasse ….