WirvsVirus – Hackathon und Demenzbetreuung

UPDATE VOM 20. März 2020

An erster Stelle möchte ich den Pflegerinnen und Pflegern meinen herzlichsten Dank aussprechen! Sie machen einen harten und verantwortungsvollen Job – übrigens schon VOR der Corona-Krise. Momentan sind es rund 3 Millionen pflegebedürftige Menschen in Deutschland, die betreut werden, von Angehörigen und Pflegern. Wenn der Covid-19 Virus in die Alten- und Pflegeheime eindringt, gleicht das einem Flächenbrand. Der gleichnamige Beitrag heute im Spiegel mit Rolf Höfert vom Deutschen Pflegeverband bringt es auf den Punkt. Daher hier die Leseempfehlung. 

 

Als Angehörige und Betreuende erhielt ich heute Post meiner Einrichtung, eine Pflege-Demenz-WG in meiner Heimatstadt: Wir werden belehrt, dass wir unsere Angehörigen nur noch eingeschränkt besuchen dürfen – oder sogar gar nicht mehr. Wir sollen Sozialkontakte vermeiden – in einem Bereich, der von eben diesen lebt.

Das ist ein heftiger Einschnitt in den Demenzpflegealltag – viele Menschen betreuen ihre Angehörigen seit Jahren und sind engste Bezugspersonen für Menschen, die nicht mehr verstehen, was gerade für eine große Gefahr da vor sich geht. Ihre kognitiven Fähigkeiten oder die Erinnerung ist verschwunden – es bleibt aber das Gefühl der Angst und Unsicherheit, wenn die sie betreuenden lieben Familienmitglieder nicht mehr kommen können.

Auch auf Seiten der Angehörigen entwickelt sich ein Gefühl der Angst, weil man hilflose Menschen damit aus den Händen gibt – zwar in ein pflegendes Umfeld, aber eben nicht  mehr mit dem Schutz und der Fürsorge versehen, die man selbst leistet. Social Distance: Ein krasser Einschnitt, der sehr wehtut und (mir) schlaflose Nächte bereitet. Ich kann meine Angehörige nun nicht mehr beschützen.

Digitales würde helfen, diese schlimme Situation zu verbessern.

 

Besuche nur noch eingeschränkt oder gar nicht.

 

Zeitgleich veranstaltet die Bundesregierung einen Hackathon „WirVsVirus“ – schon dieses Wochenende. Unterstützt wird das Projekt mit zahlreichen bekannten Initiativen, die sich mit Open Data, Digitalem und Prototypen auskennen:  Eine fantastische Initiative – lobenswert.

 

 

Ziel ist es:

„Gemeinsam mit der Bundesregierung schaffen wir den digitalen Beteiligungsprozess in der Corona-Krise. Überall in Deutschland arbeiten Individuen an Lösungen. Der #WirVsVirus Online Hackathon ist der digitale Raum, in dem wir alle gemeinsam Lösungen für neu auftretende Herausforderungen entwickeln, testen und verbessern können.

Bis Freitagmorgen hat die Bundesregierung sowie jede:r Bürger:in Zeit, Herausforderungen einzureichen. Was sind derzeit die drängendsten Herausforderungen? Für welches Problem wünschst Du Dir eine Lösung? Frag‘ Deine Freund:innen und Familie und lass‘ Dich inspirieren. 

Am Freitag kannst Du Dich entscheiden, an welcher der Herausforderungen Du die nächsten 48 Stunden arbeiten möchtest. Du kannst Dich mit Freunden registrieren und mit ihnen ein Team bilden oder Du trittst einem Team bei, das sich um eine Herausforderung formiert. Wenn Du Lust hast, hast du einen Platz!“ 

 

Hier findet sich der Link zur Anmeldung für alle, die mitmachen möchten. Es gibt die Kategorie „Teilnahme“, „Mentor:innen“ und „Herausforderungen“. Ich habe als pflegende und sorgende Angehörige sofort mein Anliegen als Herausforderung formuliert: #Demenzbetreuungremote

Hier die Fragen:

Was ist die Herausforderung / das Problem? Was ist das Bedürfnis dahinter?

Beispiel: Problem: Häufung von Anrufen, Dringlichkeit | Bedürfnis: Effiziente Informationsvermittlung an Bürger:innen

Die Pflegeheime sind dicht, bald folgen auch die ambulanten Demenzwohnheime. Für die pflegenden Angehörigen ist das eine Herausforderung: sie sind von der laufenden Info abgeschnitten, wie es ihren Angehörigen geht. Durch die hohe Belastung der Pflegekräfte mag man auch nicht ständig anrufen. Die Betreuung fällt sehr schwer – und auch die Entscheidungen aus der Distanz zu treffen, etwa, wenn ärztliche Einsätze notwendig sind. Angehörige stochern im Nebel. Herausforderung also: kontinuierliche Information, Sichtbarmachen der zu Betreuenden, täglicher Statusbericht.

Wer ist betroffen? Wem soll die Lösung konkret helfen?

Beispiele: Mitarbeiter:innen im Gesundheitsamt, Alleinerziehende, die im Home-Office arbeiten müssen

Betroffen sind: Pflegende Angehörige, Pflegedienste, Ärzte, Apotheken – sie alle sind an der Gesunderhaltung der Heimbewohner beteiligt und treffen Entscheidungen oder betreuen in ihren jeweiligen Rollen. Die schnelle Information ist wichtig und auch die Inaugenscheinnahme ohne Infektionsweg.

Was ist der Themenbereich?

  • Medizinische Versorgung
  • Schutz von Risikogruppen
  • Prävention von Verbreitung des COVID-19
  • Solidarität und Zusammenhalt

Gibt es bereits Lösungsansätze oder internationale Vorbilder für den Umgang mit der Herausforderung?

Lösungsansätze, Ideen, Links bitte hier einfügen

Technik aus Smart Home übertragen in Heime / Demenzwohnheime.
Estland: Die Patienten haben Zugang zu ihren eigenen Aufzeichnungen über Gesundheitsdaten sowie zu den Aufzeichnungen ihrer minderjährigen Kinder und der Personen, die ihnen eine Zugangsberechtigung erteilt haben. Wenn sich der Patient mit einer elektronischen ID-Karte beim e-Patientenportal anmeldet, kann er Arztbesuche und aktuelle Rezepte einsehen und überprüfen, welche Ärzte Zugang zu seinen Akten hatten.

 

Fehlende Infrastruktur rächt sich heute 

Die Corona-Krise zeigt deutlich, wie substantiell eine zukunftsfähige Infrastruktur in Deutschland bislang fehlt. Insbesondere im Gesundheitssystem! Über die Einrichtung einer elektronischen Patientenakte, über Telemedizin etc. ist lange gesprochen worden. (Übrigens bastelt arvato aus Gütersloh an der Struktur für die Telematik im Gesundheitswesen !). Nur leider ist diese Idee noch nicht realisiert. Zu viele Datenhürden, zu viele Pannen, wie etwa gerade eben der CCC dargelegt hat. Über einige dieser Entwicklungen schreibe ich auch in meinem neuen Buch.

Daher wünsche ich mir eine App, die Wohnheimanbieter auflegen, niederschwellig und den Angehörigen direkten Zugang ermöglichen zur Pflegedoku und auch die Kommunikation Face-To-Face mit den Bewohnern ermöglicht. Nichts ist in der Demenzbetreuung so wichtig wie sich ein persönliches Bild verschaffen zu können! Vielleicht basteln die Hacker in Berlin an so etwas.

Ich würde es sofort nutzen !

 

 

 

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