UPDATE vom 19. März 2020
Die Stadt Gütersloh teilt auf ihrer Homepage mit, dass verschiedene Ausschüsse der politischen Gremienarbeit ausfallen. Der Rat der Stadt Gütersloh findet statt (24.3.2020) , wird aber gemäß der Allgemeinverfügung der Stadt zur Verhinderung der Verbreitung von Corona in die Stadthalle Gütersloh verlegt.
UPDATE vom 17. März 2020 um 16:22 Uhr
Heute erhielt ich folgende Antwort aus dem Rathaus, Büro für Ratsangelegenheiten und Bürgerdialog.
Danke an die Stadt Gütersloh und den Bürgermeister Henning Schulz, dass sein Büro in dieser ernsten Situation auf meine Anfrage geantwortet hat!
„Hinsichtlich der Durchführung von Sitzungen der Ausschüsse und des Rates handelt jede Kommune in eigener Zuständigkeit. Zur Zeit werden in Gütersloh mit der Politik die Möglichkeiten ausgelotet, um eine kontinuierliche Handlungsfähigkeit unserer Stadt bei Minimierung bzw. Wegfall von Sitzungen sicherzustellen.
Das Land NRW hat zur Durchführung von Sitzungen noch keine Handlungsempfehlungen erlassen. Jedoch hat der Städte- und Gemeindebund NRW Empfehlungen herausgegeben, nach denen die Stadt Gütersloh grundsätzlich bis auf weiteres auch handelt:
1. Rats- und Ausschusssitzungen, die keine dringenden Anliegen auf der Tagesordnung enthalten, sollten verschoben werden bis zunächst nach Ostern. Die Sitzungen sollten auf ein notwendiges Mindestmaß beschränkt werden.
2. Wahl eines größeren Sitzungsraums, der über Fenster gelüftet werden kann. In einem größeren Raum sollten die Rats- und Ausschussmitglieder im Abstand von 1m – 2m zueinander sitzen (allgemeine Empfehlung des RKI). Ein größerer Abstand zu den Zuschauern ist ebenfalls zu empfehlen. Es sollte ein Desinfektionsspender vor dem Sitzungssaal positioniert werden.
3. Die Rats- und Ausschussmitglieder sollten nochmals – auch am Eingang – auf die allgemeinen Empfehlungen des RKI zum Thema Husten-/Niesetikette und allgemeine Vorkehrungen wie den Verzicht auf einen Handschlag aufmerksam gemacht werden. Ferner sollte auch im Vorfeld ein Hinweis erfolgen, dass diejenigen, die sich krank fühlen, auf jeden Fall von den Sitzungen fernbleiben. In den Ausschüssen sollten die jeweiligen Stellvertreter informiert werden.
4. In dringenden Fällen und bei notwendiger Absage der Sitzung ist eine Dringlichkeitsentscheidung des Bürgermeisters mit einem Ratsmitglied gem. § 60 GO NRW möglich. Hier sollte der Bürgermeister aber im Vorfeld Kontakt mit den jeweiligen Fraktionsvorsitzenden aufnehmen und über die zu treffende Entscheidung sprechen, damit es in der nächsten ordentlichen Ratssitzung, in der die Dringlichkeitsentscheidung genehmigt wird, nicht zu Unstimmigkeiten kommt.
Der Öffentlichkeitsgrundsatz ist ein hohes Gut der GO NRW, sodass dringend von einem Ausschluss der Öffentlichkeit abzuraten ist. Den Zuschauern werden Verhaltenshinweise gem. den Empfehlungen des RKI (nicht zu viele Zuhörer, Desinfektionsmittel, genügend Platz ) gegeben.“
(Quelle: Mail Herr Spies vom 17.3.2020 um 16:22 Uhr)
Wann muss eigentlich eine Kommune ihre politische Gremien-Arbeit niederlegen? Ist das nicht für wichtige Entscheidungen in Zeiten von Covid-19 eine besondere Situation, weil aufgrund der aktuellen Lage, die Bevölkerung von der Teilnahme an politischen Entscheidungen quasi ausgeschlossen ist?
Diese Frage habe ich heute in meiner eigenen Stadt gestellt – bisher ohne Antwort aus dem Rathaus. Die Nachbargemeinde in Verl ist da schon weiter. Sie hatte zunächst angedacht, die Rats- und Ausschusssitzungen online zu streamen. Dann aber doch anders entschieden, nicht-aufschiebbare Beschlüsse mit den jeweiligen Ausschussvorsitzenden im Rahmen von Dringlichkeitsentscheidungen durchzuführen. (s.u.)
Alle politischen Entscheidungen mit Bürgerbeteiligung würden „angehalten“. Die Bürgerschaft brauche keine Angst zu haben, hier außen vor gelassen zu werden.
Was um Himmels Willen denkt man sich bei „Entscheidungen mit Bürgerbeteiligung“? Ein Excerpt, also ein Auszug, dieser Art führt den Souverän, also den Bürger, insgesamt ad absurdum. Kommunalpolitik, Politik, ist in allen Angelegenheiten eine Frage der „Bürgerbeteiligung“. Immer.
Ich bleibe da am Ball und hake nach.
Insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass heute unser Antrag zur Einrichtung eines Bürgerrates von „Demokratie wagen“ im Hauptausschuss der Stadt beraten werden sollte – und ich etwa als Risikogruppe nicht auf der Tribüne sitzen kann, um für uns zu berichten.
Ich bin gespannt auf die Antwort aus dem Rathaus Gütersloh. Vor allem, weil das Rathaus an sich als öffentlicher Ort staatlichen Handelns auch geschlossen ist. Auf der Website der Stadt findet sich der Passus unter den Spiegelstrichen der Anordnungen:
Das Rathaus und seine Außenstellen sind ab heute Nachmittag geschlossen. Für dringend notwendige Anliegen steht die Telefonnummer 822310 als Kontakt zur Verfügung, die Stadt verweist außerdem auf die E-Mail-Adressen der einzelnen Fachbereiche und die Informationen auf dem Bürgerportal. Eheschließungen finden bis auf Weiteres statt, allerdings nur mit dem Brautpaar und den direkten Angehörigen/Trauzeugen.
Alle öffentlichen Veranstaltungen – egal mit wie viel Personen – sind abgesagt. (Quelle: Website Stadt Gütersloh)
Hierzu hat der Bürgermeister der Stadt zwar ein Video-Statement für die Bürgerschaft formuliert – aber ohne Hinweis auf die künftige Vermittlung politische Gremienarbeit.
Zugleich hat die Stadtverwaltung eine Allgemeinverfügung zur Verhinderung der Ausbreitung des Coronavirus in der Stadt online gestellt, in der sich auf vier Seiten detaillierte Angaben machen zu dem, was geboten und vor allem verboten ist. Sie setzt damit die Vorgaben des Landes NRW um. Hier findet sich in Punkt 6 auch der Hinweis auf das Verbot:
„Alle öffentlichen Veranstaltungen werden hiermit untersagt. Das schließt grundsätzlich auch Verbote für Versammlungen unter freiem Himmel sowie Demonstrationen ein, die jedoch im Einzelfall nach Durchführung einer individuellen Verhältnismäßigkeitsprüfung zugelassen werden können. Ausgenommen sind Veranstaltungen ,die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder der Daseinsfür- und -Vorsorge zu dienen bestimmt sind oder der Versorgung der Bevölkerung dienen (z.Bl Wochenmäkrte).
Der Erlass gilt bis zum 19. April 2020. Je nach Entwicklung kann die Fristsetzung verkürzt oder auch verlängert werden. Damit wären im März 12 Sitzungen von Ausschüssen betroffen und im April bisher zwei, weil hier die Osterferien wirken. Am 27. März träfe es auch den Rat der Stadt. In diesen vier Wochen fände politisches Handeln streng genommen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Und setzt auch Ratsleute und Verwaltungsmitarbeiter einem Risiko aus.
Ist im Rahmen der Transparenz und Demokratie und vor allem der zu vermeidenden Sozialkontakte nicht eine Entscheidung der Stadt notwendig – nämlich die zumindest des Live-Streams der Gremienarbeit (mit ausreichendem Abstand für alle Kommunalpolitiker) oder aber sogar das Aufschieben von Sitzungen?